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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Saphirs Schatzln 13/14 - Kick-Off im regionalen Wunderland



Saphir
12.07.2013, 13:38
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Es war einmal... ja, es war einmal ein Verein, der den Weg des modernen Fußballs nicht mehr mitgehen wollte. Da gab es keine Tradition mehr, sondern nur noch profihafte Stille und solch dekadente Erscheinungen wie Vereine, die Spieler mit Geld lockten und das dann auch noch bezahlen konnten. Als dann die dritte Liga durch Sandhausen von der einen Seite und RB Leipzig von der anderen fast schon eingesandwitcht wurde, sagte man in Offenbach: "Jetzt reicht's, das machen wir nicht mehr mit! Wir gehen zurück an einen Ort, an dem noch echte Fußballkultur zu Hause ist, an dem die Spieler blöd sein müssten, um für so wenig Geld so viel zu leisten, und an dem die Wege schön kurz sind." Und das tat man...
... das oder man war im entscheidenden Moment richtig, richtig, richtig unfähig, eines von beidem jedenfalls.

Aber wie ließ einstmals ein Frankfurter, der einmal in eine Offenbacherin verliebt war, eine seiner Figuren sagen: "Hier steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor." (Ironischerweise steigt Dr. Faust just zu dieser Zeit wieder aus Offenbach aus.) So befindet sich Kickers Offenbach zusammen mit siebzehn anderen Mannschaften aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland in der Regionalliga Südwest und prügelt sich mit diesen um sechs besondere Plätze: Zwei Relegationsplätze nach oben, vier sichere Plätze nach unten. (Ja, diese Regionalliga gewährt als einzige zwei Mannschaften die Chance auf eine Rückkehr auf die etwas größere Bühne. Das führte letzte Saison zu dem Kuriosum, dass der Zweite aufstieg und der Erste nicht.)

Die Mitbewerber sind (in der Reihenfolge der letzten Saisonplatzierung, die letzten drei stiegen aus unterschiedlichen Ligen auf)...
KSV Hessen Kassel, 1. FC Kaiserslautern II, SG Sonnenhof Großaspach, Eintracht Trier, Waldhof Mannheim, SC Freiburg II
TuS Koblenz, 1899 Hoffenheim II, SSV Ulm, Mainz 05 II, Wormatia Worms, SC Pfullendorf
FC Homburg, Eintracht Frankfurt II, SVN Zweibrücken, SpVgg Neckarelz, KSV Baunatal

Fünf zweite Mannschaften, einige große Namen wie Kassel, Mannheim, Ulm oder Koblenz... nun ja, wir werden sehen, was dabei herauskommt. transfermarkt.de schätzt Offenbachs Kader ins untere Mittelfeld, aber in den unteren Ligen werden sie ja ziemlich unpräzise.

Am Freitag, den 26. Juli, geht es los gegen (und in) Koblenz. Zwar halte ich noch weder meine Dauerkarte noch ein Trikot in den Händen, doch ich bin guter Dinge und voller Vorfreude.

Bin ich also ein Narr und gehe auf die Reise. Viel Spaß euch und mir wünscht...
Christian / Saphir

Saphir
15.07.2013, 00:34
"Unsere Träume sind größer als die Dritte Liga."
Dieses Motto des Fanshops beschreibt gut den Geist, der auf Biebers Höhen herrschte, seitdem man vor fünf Jahren in die damals neu gegründete eingleisige Dritte Liga abgestiegen war. Als "gefühlter Zweitligist", der gerade einmal vier der letzten zwanzig Spielzeiten in der zweiten Bundesliga verbrachte (und nein, Erstligajahre waren nicht dabei), fuhr man einen riskanten Kurs: Man wollte aufsteigen um jeden Preis und investierte dazu viel in Kader wie auch in ein neues Stadion, und wäre die Rechnung aufgegangen, dann hätte man die Voraussetzungen geschaffen, um sich im Mittelfeld der zweiten Liga zu etablieren - allein, der Ruhm war ein undankbarer Hund, der eben nicht nach Hause zurückkehrte, egal wie laut und wütend das Herrchen doch schrie. Drei Jahre lang spielte man oben mit, brach aber nach überzeugenden Hinrunden immer wieder im Winter ein und belegte siebte Plätze. Im vierten Jahr schwanden langsam die Kräfte und eine Übergangssaison unter Verwalter Arie van Lent wurde eingeplant - mit anderem Verlauf, aber ähnlichem Ergebnis (Platz 8). Im letzten Jahr sollte nun unter dem gleichen Trainer mit etwas mehr deutlich mehr erreicht werden... damit scheiterte man grandios und stellte erst am vorletzten Spieltag den Klassenerhalt sicher.
Inzwischen hatte sich jedoch auch der Vorstand verändert: Der langjährige Vizepräsident und Geschäftsführer der Profi GmbH und Verantwortlicher für den riskanten Kurs, Thomas Kalt, hatte mit Eröffnung des neuen Stadions seinen Rücktritt erklärt und schaffte Platz für den neuen starken Mann: Dr. Frank Ruhl, selbständiger Unternehmensberater und neuer Vereinspräsident. Dieser Herr brachte nun neuen Wind in den Verein: Er mistete den Augiasstall der Finanzen aus, präsentierte sich als starker Mann, tat eine Menge... und scheiterte doch auf den letzten Metern, als der DFB seine Arbeit nicht anerkannte. So wurde es amtlich: Kickers Offenbach muss in die Regionalliga Südwest zurück.

Über Dr. Frank Ruhl, der im September nach langen Schlammschlachten sein Amt niederlegen wird, und seine Schuld möchte ich hier nicht sprechen - inwiefern die Lizenz durch Unmöglichkeit oder pure Dummheit verspielt wurde, lässt sich wohl nicht sagen. Im Moment muss man über Kickers Offenbach wohl nur folgendes wissen:
a.) Sie besitzen ein neues Stadion, welches zu Beginn der letzten Saison eingeweiht wurde - sehr schön, zweitligatauglich, aber schon für Drittliga-Rumpelfußball eindeutig zu groß.
b.) Der große Erfolg der letzten Saison, das Erreichen des DFB-Viertelfinales, sorgt zumindest für etwas Ruhm. Für die neue Runde qualifizierte man sich jedoch nicht.
c.) Vom Vorstand wurde in den letzten Wochen eine Menge Porzellan zerschlagen. Nun scheint zumindest erst einmal Ruhe eingekehrt zu sein.
d.) Unter den Fans herrscht Aufbruchsstimmung wie lange nicht mehr. Die erwartete Absatzmenge der Dauerkarten wurde bereits überschritten - nun sollte sich die Zahl den 1.500 nähern.
e.) Der Kader wurde komplett neu gestaltet und neben einer Handvoll Übernommener mit frischen Leitwölfen und jungen Wilden aufgefüllt. Die Planungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
f.) Als mögliche Trumpfkarte könnte sich die Zweite Mannschaft in der Hessenliga, also gerade einmal eine Klasse darunter, erweisen. (Die Zwei-Stufen-Unterschied-Regel, die sowieso eher eine Ausnahme ist, gilt hier nicht.)
g.) Das Letzte und Wichtigste: Der Verein ist insolvent, was den Insolvenzverwalter Dr. Andreas Kleinschmidt zur wichtigsten Figur auf Biebers Höhen macht. Es scheint sich dabei allerdings um eine sehr sympathische Person zu handeln.

Kommen wir nun zum Punkt s.), den ich aber kurz halten möchte: Ich bin Kickers-Fan seit eingen Jahren und da ich in der Nähe wohne und mit einer Dauerkarte "gesegnet" bin (die ich noch nicht erhalten, aber schon bestellt habe), kann ich bei vielen Spielen und Events dabei sein. Ich informiere mich über die offizielle Homepage (die gerade sehr schweigsam ist und sich auf Dementis und Erfolgsmeldungen beschränkt), das Fanradio, die Webseite der Offenbach-Post und über das transfermarkt-Forum. Inwiefern die Seite www.4-liga.com , die sich noch im Aufbau befindet, noch zu etwas Wertvollem heranwächst, kann ich nicht abschätzen - ebensowenig werde ich andere Quellen vermeiden, wenn sie mir über den Weg laufen.
Im Moment finden noch die letzten Testspiele statt, die ich aber an mir vorbeiziehen lasse. Die Regionalliga startet für die Kickers am Freitag, den 26.7., in Koblenz, während am vorherigen Sonntag, den 21.7., die Mannschaft vorgestellt wird. Ich versuche, an beiden Terminen vor Ort zu sein, und werde berichten.
In Bälde möchte ich auch etwas zum Kader schreiben, doch steht dieser wohl noch nicht fest und ist schwierig einzuschätzen. Vielleicht muss ich damit sogar bis nach Saisonbeginn warten.

Saphir
23.07.2013, 01:51
10322

(Ein süßer Vertippsler auf der Homepager. Ich bin ein Dauerkater - miaunz, genau.)

Ehe ich mich (endlich) an die Mannschaft setzen möchte, wäre da noch etwas zu der Mannschaftsvorstellung zu sagen (schließlich geht es in dem Blog ja auch um persönliche Erlebnisse), aber vielleicht wäre für euch eine kleine Geschichte ja ganz erheiternd, die zeigt, dass ich mein Talent, über die eigenen Füße zu stolpern, noch nicht verloren habe.
... Ich wollte ja, das hatte ich beschrieben, ein Trikot. Meine Wahl fiel auf Denis Mangafic (wegen des Namens und weil Nicht-Mainstream, rein von der Sympathie her hätte ich wohl anders entschieden) und vor einer Woche, als mir offenbart wurde, dass mein Wochenplan keine freien Tage mehr vorsah, bestellte ich online beim Fanshop, packte eine Kleinigkeit dazu, um keine Versandkosten zu zahlen, kalkulierte knapp durch, dass es klappen sollte und bereitete mich darauf vor, dass Paket am Freitag bei einer Station abzuholen, da ich wohl nicht anzutreffen sein sollte. An dem Tag traf mich aber der Schock: Das Paket ging nach Offenbach zurück und DFL offenbarte, dass es an die falsche Hausnummer gegangen war. Ich schnappe mir also mein Handy, rufe an und möchte eigentlich nur die Meldung übermitteln, dass ich das Trikot am Samstag abholen komme. Was denkt ihr also, wie schwierig die Übermittlung sein kann? Wenn ihr mit einem halben Dutzend Besetzt-Meldungen und einem anschließend gefühlt zehnminütigen Gespräch rechnetet, in dem ich nur schwer meine Botschaft übermitteln konnte, dass a) Schuldfragen mich nicht interessierten und b) sie doch bitte keine Dummheiten anstellen sollten, dann lagt ihr richtig.
Ich führte das Gespräch vom Handy aus (tatsächlich habe ich den OFC-Fanshop in meinem Adressbuch) und beging einen Fehler, nämlich die Öffnungszeiten zu überschätzen. Ich fuhr an diesem Tag mit meiner Mutter und meiner Tante wandern und so begab es sich, dass ich nur etwa einen Kilometer vom Fanshop entfernt auf meinen Anschlusszug wartete... und das gerade mal eine Viertelstunde vor Landenöffnungszeit. Ich fragte mich, ob ich es riskieren sollte: Ein Taxi nehmen, mich durch Klopfen bemerkbar machen, mit etwas Glück die Sendung abholen und wieder zurück sein, ehe es zu spät war. Es hätte Vorteile, doch es enthielt auch ein Risiko... ich entschied mich für den Mittelweg, nämlich telefonisch die Lage zu taxieren und mich also anzukündigen. Es kam aber so, wie man es erwarten konnte: Außerhalb der Öffnungszeiten ging niemand ran. So wartete ich seelenruhig auf meinen Zug und ließ die Chance verstreichen.
Inzwischen kam mir eine andere Idee: Der Fanshop würde auf dem Kickers-Tag vertreten sein. Konnten sie also nicht einfach...? Ich rief noch von der Wanderung aus an, doch nun griff das Schicksal ein: Irgendwo im Nichts bekam ich einfach keinen Empfang. Wenn ich meinen Gesprächspartner schon kaum hören konnte, dann würde ich ihm auch nicht begreiflich machen können, was ich von ihm wollte. Ich beschränkte mich also kurz darauf, nachzufragen, ob der Fanshop denn präsent sei, und nahm mir vor, am Abend noch eine Email zu diesem Thema zu schreiben. Das setzte ich dann um.

Am nächsten Morgen wartete schon der Kickers-Tag zur Saisoneröffnung - mein erster übrigens, das Jahr zuvor reiste ich entweder in der Weltgeschichte herum oder arbeitete oder beides -, die jedoch diesmal nicht im Stadion stattfand, sondern im Herzen Offenbachs. Der Grund wurde nicht genannt, nicht verborgen und war leicht zu erraten: Da der Verein nur noch Mieter im Stadion war, wäre eine Veranstaltung vor Ort teurer gewesen. In gewisser Weise passte es jedoch auch zur Situation: Der Verein, gerade wieder in einer dunklen Stunde, muss sein hohes Ross auf dem hohen Berg verlassen und sich seinen Anhängern annähern, die ihm wiederum nicht im Stich lassen: Statt der kalkulierten 1.000 Dauerkarten wurden inzwischen mehr als 2.000 verkauft. So wurde der Wilhelmsplatz im Herzen Offenbachs, auf dem sonst die Wochenmärkte stattfanden, festlich in rot-weiß geschmückt und mit einem Volksfest-Charakter belebt, während in Frankfurt die CSD-Wagen rollten. Diese gingen diesmal völlig an mir vorbei.
Was also erwartete einem auf einem berglosen Berg-Tag? Ich kann nur für mich sprechen und damit nur vom diesem: Stellt euch Buden im Halbkreis vor, in denen sich der Verein mit seinen Abteilungen (Frauenfußball und Cheerleading etwa), einzelne Fanclubs und Fanprojekte (Fanmuseum, Initiative zur Rettung der Flutlichtmasten) vorstellten, anlockten und warben. Den Abschluss bildete eine Bühne und in der Mitte gab es den obligatorischen Getränkestand (nötig bei dem Wetter, ich hatte mich jedoch mit einer Wasserflasche im Rucksack vorbereitet) und die noch obligatorischeren Bierzeltgarnituren. Es gab ein Programm von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr, welches Livemusik, Interviews und am Ende die Mannschaftsvorstellung umfasste, und ich druckte es mir aus, versehen mit Ausweichprogramm (Museum, Kino), sollte es mich langweilen. Ich kenne mich dann doch.
Der Fanshop antwortete nicht auf meine Email, was meine Lust etwas dämpfte und mich das Programm kürzen ließ: Warum alles mitnehmen, wenn doch das Wichtigste genügte? Natürlich hatte ich auch ein Buch dabei, für die Fahrt (und mehr noch für die Wartezeiten, blöde Sonntage), doch dass ich es auch nicht auf der Veranstaltung rausholte, zeigte mir, dass ich nicht so ganz falsch gerechnet hatte. Zweieinhalb Stunden waren genau die richtige Zeit.
Mit dem Fanshop sprach ich noch kurz (Nein, natürlich hatten sie's nicht dabei.) und bat sie darum, es mir nun doch (an die richtige Adresse) zuzuschicken (sie verlangten nicht einmal Versandkosten dafür. Nett.), doch inzwischen hatte ich meine Pläne geändert. Hole ich mir doch eines dieser neuen schwarzen T-Shirts mit großer weißer Nebelfläche und dem Spruch "Tradition braucht keine Lizenz", Das tut es doch sicher auch. (Ich muss gestehen, so lustig fand und finde ich es gar nicht. Mich beeindruckte eher das Logo: Das Traditions-Logo umgeben von einem Lorbeerkranz. Einfach hübsch.)
Da kam auch schon der Mannschafts-Bus angerollt und während ich darauf meinen Namen mal wieder vergeblich suchte (wer hatte gesagt, den findet man immer?), öffneten sich die Toren und die Spieler stiegen aus. Die Masse bemerkte es nicht und lustigerweise waren es fast nur Frauen, die mit mir zusammen diesem Ereignis folgten. Tja, da hatten wohl auch andere angekündigt, sie würden "am Sonntag Jungs gucken gehen".
Die Mannschaft wurde kurz vorgestellt, ein paar Spieler beantworteten ein paar oberflächliche Fragen und weil ich sehr schnell merkte, dass es mich nicht interessierte, wartete ich beim Fanshop (wo sonst?) darauf, dass sich die Spieler für Autogramme über die Buden verteilten. Zu mir sollten sich damit Denis Mangafic und Fabian Bäcker gesellen - mein Trikotpate und einer, der es verdient hätte, wäre er nicht zugleich bei so vielen anderen so beliebt gewesen. Ich kannte ihn ja schon von einem Spielertreffen. (Fabian Bäcker war übrigens während des Fests ganz in seinem Element - er scheint ein Mensch zu sein, der es genießt, von den Massen gefeiert zu werden. So posierte er, ließ sich fotografieren und als er zum Spaß OFC-Badelatschen hingehalten bekam, verzierte er sie mit drei X'en.) Das war für mich wirklich ein angemessener Startpunkt für die neue Saison. (Mangafic... na gut, was soll ich über ihn groß sagen? Vielleicht nur das: Er hat ganz eindeutig nicht die schönsten Augen.)
Sie waren wirklich in großer Masse angerückt: 23 Spieler und 7 Funktionäre verteilte sich über die Buden, das heißt: Alle Mann außer dem dritten Torwart. (Da war ich dann doch ganz froh, mein Trikot nicht in den Händen zu halten. Es auf diese Weise voll zu bekommen, erscheint mir so unpersönlich und unangebracht.) Es bildeten sich schnell (unterschiedlich lange) Schlangen und ich ließ mir mein T-Shirt signieren und Autogrammkarten reichen (dabei ging eine an mir vorbei, die werde ich im Fanshop nachkaufen müssen). Dabei trug ich selbst das weiße T-Shirt, welches ich bei meiner Premium-Stadionführung dazu bekam, und bin sogar einmal kurz im Fanradio-Zusammenschnitt von hinten zu sehen. Natürlich hatte ich die Idee, dieses Trikot als Unterschriftenträger zu verwenden, aber das erschien mir ebenso falsch, wie das Trikot der letzten Saison um nichtgewechselte Spielernamen zu ergänzen: Es steht einfach für eine Saison, die vorbei ist. Andere, so bemerkte ich aber auch, hatten damit weniger Probleme.
Nachdem meine erste Runde hinter mir lag, bemerkte ich, wie kurz die Schlangen geworden waren, und da mir bei einem Fanclub ein Poster in die Hand gefallen war, ging ich eine zweite Runde und ließ es mir von den Spielern (also diesmal nur die "Schatzln" und keine Funktionäre) abzeichnen. Es stammt von der Flutlichtmasteninitiative, zeigt einen leuchtenden Mast und dazu die Schrift "Need. Kickers. Now.". Fabian Bäcker fand das so amüsant, dass er seine Unterschrift mit einem Smiley beendete.
(Lasst mich euch noch kurz die Initiative erklären und warum ich das Plakat anders verstehe, als es gemeint ist: Mit dem Neubau des Stadions wurden die alten Flutlichtmasten obsolet und wurden abgebaut, während Fans diese "Offenbacher Eiffeltürme" gerne erhalten würden, da sie damit legendäre Flutlichtspiele verbinden. Ich jedoch denke eher aus der Perspektive eines S-Bahn-Reisenden, der sie einstmals als vom Stadion kündenden Monumente sah, die nun fehlen, und der bei den legendären Flutlichtspielen nicht dabei war. Ich lese den Text eher als: "Ich möchte, dass es losgeht." Tue ich ja auch.) Ein Fanclubmitglied, welches neben den Spielern saß und entweder zu der Initiative gehörte oder nur lustig sein wollte, schrieb mir eine Widmung samt seines eigenen Signums darauf, und weil das Eis damit schon gebrochen war, fügte ich meinen eigenen Namen gleich auch noch dazu. "Saphir (12)" steht da nun in blauer Schrift auf einem Plakat an meiner Wand. So gefällt es mir eigentlich besser als mit einem Mannschaftsfoto (und das, obgleich es diese Saison schöne gibt). Bei einem solchen fühlte ich zu beobachtet.
So zog ich dann von dannen, soweit zufrieden mit meiner Ausbeute. Am Freitag findet der erste Spieltag statt - ich werde wohl nicht erscheinen. Trotzdem hoffe ich dann natürlich, dass meine Schatzln nicht nur gut aussehen.

Zum Schluss noch eine Anekdote: Als am Fanshopstand die Spieler Platz nahmen und plötzlich merkten, dass keine Stifte vorhanden waren, überließ ich ihnen bisweilen meinen Edding, den ich erst nach meiner zweiten Runde wieder zurückforderte, als sich der Sturm schon wieder legte. Da wurde mir gesagt, ich könne ihn gerne zurückhaben, doch sei er leider leer... so geht es im Leben, letzte Saison ging mir ein Kugelschreiber an die Geschäftsstelle verloren, diesmal stirbt ein Edding seinen Tod für's Vaterland. (Als ich gerade testweise einige Striche machte, ging er allerdings tadellos. Trotzdem soll dieser Umstand bitte nicht die Anekdote ruinieren.)

Saphir
23.07.2013, 03:30
10323

Diese Liste ist ganz aktuell von der Homepage. Ihr könnt das veraltete Trikot ebenso wie die vereinfachte Länderangabe beachten (falsch ist sie außerdem, nicht alle Spieler sind auch nur in irgendeiner Weise deutsch) oder feststellen, dass die Mannschaft von unten nach oben gefüllt wirkt (die Nummern 2 und 3 fehlen, die Nummer 4 kam erst am Tage der Saisoneröffnungsfeier hinzu). Mit springt etwas anderes ins Auge: Die Mannschaft ist jung. Selbst der älteste Spieler ist ein halbes Jahr jünger als ich. Das ist irgendwie frustrierend.

24 Spieler sind es insgesamt, von denen 7 verlängerten, 3 aus der eigenen Jugend nachrückten und 14 neu dazustießen. Mich wunderte es einen Moment, dass niemand aus der zweiten Mannschaft in die bloß eine Klasse höhere Regionalliga aufgestuft wurde, doch dann überlege ich: Die zweite Mannschaft diente ja in der letzten Saison ja auch dazu, den ungenutzten Erstlingen Spielpraxis zu verschaffen, und dann blieben ja nicht mehr viele Plätze frei. Trotzdem hätte es den einen oder anderen Namen geben können... gut, eine Entscheidung.

Tor:
Daniel Endres, letzte Saison noch ein bei seinen Einsätzen überzeugendes Backup, wird zur neuen Nummer eins und da der dritte Torwart, der junge Yannic Horn, wohl lieber in der Hessenliga noch Spielpraxis sammeln soll (und auch gerade verletzt ist), wurde ein zweiter Mann verpflichtet: Feim Statovci, ein zuletzt arbeitsloser Torwart mit Erfahrung aus dem Kosovo.

Abwehr:
In der Innenverteidigung wurde Stefano Maier übernommen, der aber in der letzten Saison gerade einmal ein Spiel absolvierte und nun wohl erst einmal als Backup vorgesehen ist; Marcel Wilke (aus Chemnitz) und Guiliano Modica (von Eintracht Frankfurt II) scheinen erst einmal gesetzt zu sein. Als letzter Mann wurde nun Klaus Gjasula, Bruder des frisch nach Bulgarien gewechselten Jürgen Gjasula (Ex-Duisburger und FSV-Frankfurter), verpflichtet - wie er da hineinpasst, ist noch offen.
In der Außenverteidigung gäbe es Alexis Theodosiadis (Lokomotive Leipzig) und Dennis Schulte (Carl-Zeiss Jena), während Philipp Fleischer zu den drei U19-Lehrlingen gehört, die erst einmal langsam an den A-Kader herangeführt werden soll. (Dass die Schranken in diesem Jahr durchlässiger sein sollten als im letzten, versteht sich aber von selbst.)

Mittelfeld:
Matthias Schwarz gehörte unter Schmitt bereits zu den Drittliga-Stammspielern und sollte auch in dieser Saison eine Stütze sein, mit dem hoffnungsvollsten Talent Sascha Korb wird wohl auch in der Außenverteidigung geplant, doch ist er noch verletzt. Rico Schmider kam von Preussen Münster, Kevin Wittke sammelte in Worms und Mannheim eine Menge Regionalliga-Erfahrung und Jan Biggel war Kapitän von Karlsruhes Zweiter Mannschaft - Cem Kara und Baris Yakut (ersterer aus Offenbachs U19, letzterer aus der U19 von Mainz) sollen wohl erst einmal herangeführt werden. Da bleibt noch Denis Mangafic, der wohl von Korbs Ausfall erst einmal profitieren wird und seine Chance erhält; ich hoffe, er nutzt sie. (Er kam von Wiesbadens Zweiter.)

Sturm:
Auf dem Papier scheint Offenbach zu viele Stürmer zu besitzen, aber sicherlich wird sich wieder einer von ihnen auf den Außenbahnen wiederfinden, ob er will oder nicht. Fabian Bäcker gehörte in der letzten Saison zum Drittliga-Stamm und Christian Cappek (von Augsburgs Zweiter) wurde als erster (und einziger) Neuzugang für die geplante Drittligamannschaft bekannt, entschied sich dann aber dazu, es auch mit Offenbach in der Regionalliga zu versuchen - die beiden sollten die geplanten Stammspieler im Sturm stellen. Marcel Mosch präsentierte sich in der letzten Saison gut und in der Vorbereitung eher mau (wie ich hörte), weshalb mit ihm wohl erst einmal nur für die Bank geplant wird. Steven von der Burg (von Mainz II) wurde für die zweite Mannschaft verpflichtet, Mohamed Tahiri (ich folge mal der transfermarkt-Schreibweise) kam von der eigenen U19 und ist der dritte Auszubildende. Wie Benjamin Pintol nun hereinpasst, kann ich nicht sagen - das Ex-FSV-Talent soll sich wohl (ähnlich wie damals Vogelsang) erst einmal regenerieren und dann auf seine Chance lauern.

Transfermarkt.de nennt diese teuerste Aufstellung (rechnet aber auch mit einigen anderen Positionen). Sie wird wohl so nicht in Koblenz auflaufen, aber sie ist dennoch ein schönes Bild.

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Fassen wir zusammen: Von 14 Neuzugängen kamen 2 aus der Dritten Liga und 6 aus der Regionalliga, während 3 erfahrene Spieler gehalten wurden. 2 Spieler bringen es auf eine zweistellige Zahl an Zweitligapartien, 5 weitere auf eine zweistellige Zahl an Einsätzen in der Dritten Liga, 6 weitere können das von sich für die Regionalliga behaupten. (Die Namen: Endres, Schwarz - Bäcker, Cappek, Schmider, Wilke, Wittke - Biggel, Gjasula, Modica, Pintol, Schulte, Theodosiadis.) 12 erfahrene Feldspieler für 10 Positionen... das ist zumindest eine gute erste Garnitur. Die Verteilung erinnert mich nicht zuletzt auch an letzte Saison - da sollte es aber alles eine Klasse drüber gewesen sein.

Was kann man also von der Mannschaft erwarten? Die Testspiele waren soweit befriedigend (0:0 gegen Sandhausen, 1:3 gegen Saarbrücken, 6:1 gegen Leverkusen II und 1:0 gegen Carl-Zeiss Jena), doch das sind Testspiele in Offenbach meistens. Ich würde damit rechnen (und fürchte, dass es gefährlich ist, weil ich letzte Saison genau dasselbe gesagt hätte), dass ein Platz in der oberen Tabellenhälfte möglich sein sollte - dass es gegen Mannschaften wie Kassel oder Koblenz reicht, die sich schon länger auf den Aufstieg vorbereiteten und teurere Kader haben, kann man bestenfalls wünschen.

Ich blicke zuversichtlich nach vorne, doch da ich da nichts sehe, wage ich einen Blick zurück und der sagt mir: Sämtliche unverletzten Ex-Letztsaisons-Offenbacher Spieler standen am Drittliga-Eröffnungs-Spieltag in der Startformation und spielten durch: Julius Reinhardt gegen den MSV Duisburg, Thomas Rathgeber gegen Maximilian Ahlschwedes neue Mannschaft (wo sein Tor die Niederlage nicht verhindern konnte), Stefan Kleineheismann gegen Marc Stein und schließlich Nico Feldhahn und Marcel Stadel gegen die Blauen Füchse aus Chemnitz. Gerade dieses Duo feierte den höchsten Sieg und führt nun die Tabelle an.

Saphir
30.07.2013, 14:48
Noch während der Sommerpause tauchte plötzlich eine Frage in meinem Kopf auf: War der Lizenzentzug nicht sogar eine gute Sache? Immerhin wirkt sie wie ein reinigendes Gewitter, es schwemmt Totes davon und macht Platz für Neues.
Die Antwort, die ich fand, fiel dann doch recht eindeutig aus: Nein. Ein klares Nein. Mit Glück wird der Verein in einigen Jahren wieder dort stehen, von wo es ihn fortriss, nämlich von einem Platz als Stammpersonal der Dritten Liga. Dann mag er gesundet sein, denn von "Eigentlich zweite Liga" ist nun keine Rede mehr, doch ansonsten... Nein.
Ich würde aber sagen, es hätte schlimmer kommen können.

Nun tritt die neue Mannschaft beim Aufstiegsfavoriten in Koblenz an und eröffnet damit (in doppelter Hinsicht) die Saison. Ich verfolge das Geschehen vom heimischen Rechner aus via Fanradio. So erfahre ich auch die Aufstellung.

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Noch über einer Stunde werden auch Yakut, Theodosiadis und Biggel eingewechselt... und warum ich das sage? Ob mit Baris Yakut schon für die erste Mannschaft geplant wurde oder er langsam herangeführt werden sollte, weiß ich nicht, jedenfalls ist er jung. Ich sagte doch, die Schranken seien dieses Jahr durchlässiger als in der Vergangenheit.

Was ansonsten folgte, war eine Galavorstellung des OFC: Über 2.000 mitgereiste Fans sorgten für ein Heimspiel, die Mannschaft gab in der ersten Halbzeit alles und verwaltete in der zweiten, wohingegen Koblenz niemals recht ins Spiel fand und mit dem Ergebnis noch gut bedient war. Zwei Tore von Christian Cappek in der ersten halben Stunde sorgten für den Endstand, woraufhin die Zeitungen die neue Mannschaft mit Lob überhäuften: Es sei eines der besten Kickers-Spiele im Jahr 2013 gewesen.

TuS Koblenz - Kickers Offenbach: 0:2

Einen Abend lang waren die Kickers Tabellenführer (und sind jetzt Zweiter mit der Möglichkeit auf Rang Drei), während der nächste Gegner Worms zuhause gegen Eintrachts Zweite über ein 1:1 nicht hinaus kam (das Gegentor schoss Ex-Offenbacher Zahit Findik) - klingt also alles nach einer wunderbaren Ausgangsposition.
Ich muss sagen, ich bin skeptisch: Mir gefällt der Wirbel nicht, dafür habe ich zu viele überragende Hinrunden bei Rückrunden-Einsturz erlebt. Zwar mag sich die erwartete Saisonbeginn-Schwäche (man sei immerhin noch nicht eingespielt) in das Gegenteil einer Euphoriewelle verwandelt haben, doch ich fürchte mich vor einem bösen Erwachen. Ganz ehrlich gesagt wäre mir ein unscheinbarerer Sieg lieber gewesen.

Heute Abend folgt das letzte Testspiel, am Samstag dann das erste Heimspiel. Dann kann ich mir auch selbst ein Bild von der Mannschaft machen.

ps: Wundert euch nicht über die Uhr auf dem Screenshot. Diese zählte noch die Zeit bis zum Spielbeginn herab.
pps: Den Titel zu diesem Spieltag führte erst im Nachhinein ein, nachdem meine Struktur sich verfestigt hatte. Ich spiele damit auf das erste Youtube-Promo-Video zu den Heimspielen an.

Louis
31.07.2013, 16:39
Ich hab mir die Wormatia am Wochenende angesehen.

Kann jetzt natürlich den Vergleich zum Offenbach-Spiel nicht ziehen, aber prinzipiell würde ich die Wormser nicht unterschätzen. Die erste Halbzeit haben sie verschlafen, unter anderem weil sie sich in der Offensive viel zu behäbig bewegt haben. In der zweiten Halbzeit haben sie dann begonnen, viel stärker zu rochieren, es war zwischenzeitlich kein klassischer zentraler Stürmer mehr zu erkennen, stattdessen sind die Flügelspieler oder der Achter immer wieder in die Spitze rotiert; das sah schon deutlich besser aus.

Frankfurt II war halt teilweise technisch stärker, man merkt schon, dass das ein Haufen Jungs ist, die aufgrund ihres Talents in der Jugendabteilung eines Bundesligaclubs gelandet sind, aber Technik allein hilft dann eben auch nur begrenzt. Das 1:1 geht in Ordnung, aber die deutlich besseren Torchancen hatte am Ende Worms. Zudem war der Schiedsrichter nicht sehr hilfreich, der hatte das Spiel einfach nicht im Griff. Ich rege mich generell selten über Fehlentscheidungen und solche Sachen auf, aber ich erwarte auch und gerade von einem Regionalliga-Schiedsrichter, dass er das Spiel leitet, und die Spieler durch seine Präsenz davon überzeugt, sich aufs Spielen zu konzentrieren. Das war in dem Fall leider eher das Gegenteil, durch einige ungestüme und etwas seltsam kommunizierte Entscheidungen hat er beide Mannschaften eher gegen sich aufgebracht, was dem Spiel insgesamt nicht gut getan hat.

Torschütze und Neuzugang Wölk wurde vorher als "Standard-Spezialist" verkauft, und er hat immerhin mit seinem direkt verwandelten Freistoß gleich mal geliefert. Und von Neuzugang und Routinier Baljak war ich angenehm überrascht, der hat sich überraschend schnell in die Laufwege eingefügt und deutlich mehr Zug in die Offensive gebracht.

Bin mal gespannt, wie sich die Wormaten dann bei euch so schlagen. Für mich war's das wohl leider schon wieder mit den Stadionbesuchen, von Asien aus kann man schlecht mal schnell nach Worms zum Spiel fahren. ;)

Essig
01.08.2013, 12:30
Bei euch in der Liga spielt auch Baunatal :love

Saphir
03.08.2013, 02:32
Zum morgigen Spiel passt es nicht und ehe ich mich verstricke, schreibe ich es für sich stehend. Die ersten drei Spiele des DFB-Pokals fanden nämlich statt:

1.) FC Augsburg (mit André Hahn) gewinnt in Leipzig 2:0.
2.) VfL Osnabrück (mit Marce l Stadel (:love) und Nico Feldhahn) gewinnt gegen Eintrachts Angstgegner Aue mit 3:0.
3.) 1. FC Heidenheim (mit Julius Reinhardt) wechselt diesen aus und verliert im Elfmeterschießen.

Tja, was soll ich sagen? Pokal können die eben.

Louis
08.08.2013, 09:42
Hast du das Spiel gegen Worms gesehen? Mich würde mal deine Einschätzung interessieren.

Der Artikel auf der wormatia.de-Seite lobt zumindest die Begeisterung in eurem Stadion. 7500 Gäste ist man jetzt in Worms eher nicht gewöhnt. :D Als ich da war, waren es wohl so um die 1000 Zuschauer.

http://www.wormatia.de/news/aktuell/news-detailseite/artikel/torlos-aber-kein-bisschen-langweilig.html

Baljak scheint ja offenbar mal wieder recht aktiv gewesen zu sein, den fand ich am Spieltag davor auch schon einen der auffälligsten Wormaten, obwohl er ja erst kurz vor Ende der Sommerpause verpflichtet wurde.

Saphir
14.08.2013, 02:03
Am Abend nach dem Spiel verschlug es mich noch zu einem Open-Air-Kino-Event und da ich dafür aus Frankfurt nach Offenbach zurückkehrte, entschied ich mich dazu, doch auch dort Farbe zu bekennen und zum ersten Mal mein mit Unterschriften angereichertes und frisch gewaschenes (und danach immer noch mit Unterschriften angereichertes) Traditionslizenz-T-Shirt zu tragen, und während ich in der Popcornschlange wartete, sprach mich jemand auf das (alte) Logo an und brachte die oben zitierte Antwort. So weit ist es also schon gekommen: Keine zehn Fuß-Minuten von Offenbachs zentraler S-Bahn-Station entfernt - und nicht einmal fünf von der Stadtbücherei - wird das Logo des eigenen Vereins nicht erkannt. O tempora, o mores.

Kickers Offenbach - Wormatia Worms: 0:0

Zu diesem Zeitpunkt lag das brennend erwartete erste Heimspiel bereits hinter mir. 7.500 Fans, davon vielleicht 150 aus Worms, bedeuten wirklich eine Zahl, kamen aber nicht ganz unerwartet. Mal im Ernst: Wer den furchtbaren Drittliga-Fußball der letzte Saison überstand, der lässt sich doch auch nicht von der Aussicht auf Regionalliga abschrecken. Viel gespannter war ich darauf, ob der Waffenstillstand halten würde oder ob die Fans zu altem Zynismus zurückfinden würden, wenn es einmal nicht so lief. Tatsächlich blieben sie aber ruhig - überraschend für mich.
Das Spiel selbst... nun, es war schnell und umkämpft, auch reich an Karten, aber gut anzusehen. Man merkte, dass hier zwei starke Mannschaften der Regionalliga aufeinander trafen, aber auch, dass beiden Teams noch die Eingespieltheit fehlte. Dem versuchte Rico Schmitt zu begegnen, indem er die gleiche Aufstellung wie gegen Koblenz brachte - sicher keine schlechte Idee und besonders eine, die es mir leichter macht, langsam mit der Mannschaft warm zu werden.
Es sollte ein Spiel auf Augenhöhe werden. Offenbach begann aktiv, wie zuletzt schon gegen Koblenz, und hätte es in den ersten zehn Minuten, die es völlig dominierte, ein Tor geschossen, dann wäre die Wormatia vielleicht zusammengebrochen, doch die Bollwerke hielten und der Gegner fand ins Spiel. Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen (und kann es womöglich auch nicht mehr), doch ich tue wohl nicht Unrecht, wenn ich sage, dass Wormatias Klasse wohl etwas Offenbachs übertraf, was die Heimmannschaft aber mit mehr Einsatzbereitschaft ausglich und während sie nun wiederum ein deutliches Chancenplus erspielen sollte (8:1 Ecken nach 90 Minuten), besaß Worms die besseren.
Nach etwa einer gespielten Stunde schwanden den Offenbachern die Kräfte, während Worms' Wechsel sich bezahlt machten: Die zehn Minuten zwischen 60 und 70 gehen klar an die Gäste. Dann reagierte Rico Schmitt und stellte die Gleichheit wieder her. Die Offenbacher drehten mit dem Wind und konnten in den zehn Minuten zwischen 80 und 90 beinahe alles für sich entscheiden, brachen aber in der Nachspielzeit völlig zusammen und konnten froh sein, am Ende nicht noch alles zu verlieren (die Eckballstatistik verschlechterte sich auf 8:4, das sagt wohl alles). So kam ein 0:0 der gerechten Sorte heraus, mit dem beide Seiten zufrieden sein konnten und auch die Fans besänftigt waren. Die Mannschaft bekam ihren verdienten Applaus.

Ich möchte nun nicht über Spieler sprechen, da ich sie einfach noch nicht gut genug kenne, aber über eine offene Frage: Bei den Kickers fehlt noch jemand, der für gefährliche Standards sorgt. Wenn 8 Ecken und eine gefühlt gleiche Zahl an aussichtsreichen Freistößen einfach verpufft, ohne dass die geringste Gefahr besteht, dann ist das ein Makel. (Bezeichnenderweise wurden sie von Stefano Maier getreten, dem als Außenverteidiger eingesetzten Innenverteidiger, der ansonsten eine solide Partie ablieferte.) Diesmal rächte er sich nicht, brachte aber auch keine Punkte.

Saphir
18.08.2013, 19:27
Als in Hoffenheims erster Bundesligasaison diese ihren beeindruckenden Lauf hinlegten und nicht Nicht-Hardcore-Fußballfans über die verschworene Gemeinschaft der Dauerkarteninhaber spotteten, sprang die Sendung Extra-3 auf diesen Zug auf und witzelte über das ungeschriebene Gesetz des Fußballs: "Die ersten zehn Plätze der Bundesligatabelle sind reserviert für Mannschaften ohne O... außer Dortmund natürlich." Tja, woran ich da wohl wieder denke...

Irgendwo im Zettelstapel vor mir liegt mein Ticket für Hoffenheim. Ich hatte die Möglichkeit, hinzufahren, doch dann waren da die Bahn-Verbindungen und mein Kopf war nicht frei und auf die Idee, mir einen Bus zu suchen, kam ich nicht mal und... ach, was klage ich: Irgendwie werde ich gerade mit den Kickers nicht warm. Teile ich euch mit, dass ich das Spiel teilweise via Fanradio verfolgte, oftmals aber einfach keine Lust hatte, dann wiegt das wohl schwer, und erkläre ich euch, warum das so ist, dann ist das wohl aufschlussreicher als alles, was ich über das Spiel sagen könnte - unabhängig davon, wieviel das wäre.

TSG Hoffenheim II - Kickers Offenbach: 0:2

Tja, da spielt meine Mannschaft einen überzeugenden Saisonbeginn wie seit drei Jahren nicht mehr und es lässt mich kalt. Neben all den persönlichen Gründen und auch den nostalgischen (ach, ich suche immer noch unter den aufwärmenden Spielern nach meiner Nummer 23) sitzt wohl dieser im Zentrum: Ich bin einfach ein Randgruppenfan. Ich mag das "muss ja", ich mag die Atmosphäre zwischen Hoffnung und Zynismus und ich mag es, einem halb vergessenen Fußball-Götzen meine Opfer darzubringen. Jetzt hingegen... ach... ist Offenbach beliebt. Zwischen Fans und Mannschaft/Verein herrscht eine so innige Zuneigung wie seit langem nicht mehr und Letztere lassen sich auch keine Gelegenheit verstreichen, es Ersteren recht zu machen. Sie sprechen nicht nur bei jeder Gelegenheit Dankesworte aus, sondern sie spielen auch endlich so, wie sie es sich wünschen: Die Spieler sind junge Kerle, die sich mit Leib und Seele reinhängen, es sich "welche von ihnen" und das kommt an. Erschreckenderweise muss ich damit sagen: Der OFC gehört in die Regionalliga, wie so viele andere Traditionsvereine. Nur hier können sie den Fußball spielen, den sich die Anhänger wünschen. In der zweiten Liga würden sie mit nur Kampf und Leidenschaft keinen Blumentopf mehr gewinnen.
Offenbach und seine Fans sind gerade eine Einheit. Ich bin allerdings kein typischer Fan, so befremdet es mich. So ist es mir der Verein gerade nicht wert, an einem Donnerstagabend über Stunden hinweg in der Weltgeschichte herumzureisen.

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Reden wir nun einmal über das Spiel: Es war eine Wiederholung der Koblenz-Partie. Viele mitgereiste Anhänger färbten das Dietmar-Hopp-Stadion (kein Witz) rot-weiß, die Startaufstellung blieb auch im dritten Spiel unverändert, der OFC ging früh in Führung und konnte dann den Sieg ungefährdet nach Hause fahren. Da können die Fans nur singen: Oh Schorsch, ist des schee.
Die Karikatur des Mannschaftsfotos, die hier das Bild ziert, lässt sich inzwischen erwerben - ich könnte noch nicht alle Spieler benennen, doch manche. Der sechste von links in der zweiten Reihe ist etwa mein Trikotpate Denis Mangafic - Stammspieler bislang mit beeindruckenden Leistungen, also auch nicht randgruppig genug für mich.

Saphir
18.08.2013, 20:28
Also kam Baunatal... und wisst ihr was: Den Text für Hoffenheim hatte ich, obgleich eben erst abgetippt, schon lange vorher im Geiste durchstrukturiert. Ich wusste, welcher Eisberg den OFC erwarten konnte, noch bevor ich zu Biebers Höhen aufbrach... doch nein, die Metapher ist ganz falsch. Sagen wir lieber: Ich wusste, dass der Ballon platzen konnte. Nun kann ich es nicht beweisen... ach, was soll's, ein Prophet des Unheils zu sein macht so oder so keinen Spaß. Lasst mich euch also lieber mit einem Video einführen. Einen solchen Anheizer hatte es schon vor Koblenz gegeben, doch diesmal lief er sogar über die Stadionleinwand, während der anonyme Rapper GtW seine neue Single über die Anlage laufen ließ. Der Verein geht im Moment sehr stark auf die Fans zu, wie gesagt.


http://www.youtube.com/watch?v=IG65IlvFVQM&feature=youtu.be

Vor dem Spiel gegen die Fußballgroßmacht (und Tabellenletzten) Baunatal, gegen die letzte Saison noch die zweite Mannschaft des OFC zwei Siege eingefahren hatte, hatte Rico Schmitt gewarnt. Es sei nun endlich Regionalliga-Alltag, meinte er, und die Presse stimmte ihm zu: Es sei nun das erste Spiel, in dem jeder mit einem Sieg des OFC rechnete, und damit eine ganz eigene Herausforderung. Die Fans ließen sich jedenfalls vom Namen nicht schocken: Sie kamen in Scharen (über 7.000 Zuschauer füllten die Ränge) und nahmen amüsiert zur Kenntnis, dass die Fanblöcke völlig leer blieben. Der Stadionsprecher brachte zur Begrüßung mein ausgewähltes Zitat: "Wir begrüßen die Verantwortlichen, die Mannschaft und die mitgereisten Fans des KSV Baunatal, sofern vorhanden." Was für ein schöner Tag für die OFC-Seele sollte es doch werden. Ach ja...

OFC - Baunatal: 0:3

Die Mannschaft von Trainer Rico Schmitt stand vor zwei Aufgaben, denen sie sich gewahr wurden. Erstens: Wie knackt man eine Mannschaft, die sich aller Wahrscheinlichkeit hinten verbarrikadiert? Die Antwort, die man fand und ausgab, lautete: Mit Umsicht und Ruhe. Kontrolle bewahren, die größere individuelle Klasse ausspielen und dann den Sack zumachen. Das führte dann zur zweiten Frage: Wie schafft man es, diese sicher unbeliebte Taktik durchzustehen, während die Fans ganz anderes wollten? Daran scheiterte man dann.
Lasst mich noch einmal einen Haken schlagen: Es gab Baunataler Fans. Es waren vielleicht nur zwanzig oder dreißig und definitiv eher die ältere Generation, doch sie hatten sich auf einem Klump auf der Haupttribüne niedergelassen und zwei Banner ausgerollt. Man konnte sie auch einmal hören, als es in Offenbach still wurde, und mehrmals schimmerte ihr Trommler durch. Sieht man sie noch in ihrem schwarz-weißen Beinahe-Uniformen vor sich, die definitiv hübscher sind als ihre Heimtrikots, dann wird die Redensart noch gegenständlicher: Kickers Offenbach hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Das Spiel begann, wie es zu erwarten war und wie es beibehalten wurde: Kickers Offenbach besaß die größeren Spielanteile (ich würde von mindestens 80% Ballbesitz ausgehen) und mehr Chancen (das Eckballverhältnis lag am Ende bei irgendwas um die 14:3), doch während sie sich von den Fans nach vorne peitschen ließen, nutzte Baunatal seine Gelegenheiten. In der 8. Minute bereits brach ein Schwarz-Weißer durch, die Offenbacher Abwehr versagte kollektiv und die Situation endete in einem Handelfmeter: Klaus Nebe, einer der beiden Spielertrainer Baunatals, schoss und verwandelte sicher. Das war es dann mit dem Balsam für die Kickers-Seele.
Das 0:2 fiel ähnlich, jedoch ohne Elfmeter: Wieder lief Offenbach in einen Konter, wieder versagte die Abwehr kollektiv und wieder rächte es sich, da schrieb man schon die 35. Minute. Es war wie in Alice im Wunderland (wenn ich das schon im Titel erwähne, muss ich langsam auch mal eine Anspielung bringen), wo alles, was sie tun musste, war, die Armee der Herzkönigin als Spielkarten zu erkennen. Das war auch Offenbachs Abwehr: Nach drei Spielen ohne Gegentor imposant scheinend, doch bei Belastung zusammenbrechend. Rico Schmitt sah es genauso: Er wechselte schon zweimal vor dem Halbzeitpfiff. Es sollte wenig bewirken.
Ich kann nichts über Phasen des Spiels schreiben, da es sich nicht großartig entwickelte: Offenbach hatte seine Spielanteile, konnte jedoch nicht wirklich gefährlich werden. Das änderte sich erst in der 75. Minute - noch während mit einer Sirene die "Kickers-Viertelstunde" eingeleitet wurde, versuchte es einmal der eingewechselte Baris Yakut mit einem Distanzschuss aus 25 Metern und traf hämmernd die Latte. Als wäre das ein Signal, drehte nun die Mannschaft noch einmal richtig auf und das Spiel wurde hitziger. Der Dampf verpuffte allerdings und in der 87. Minute fiel das 0:3. Da verließen die ersten Fans das Stadion.
Nichts änderte sich, was die Frage immer präsenter werden ließ: Wie konnte das geschehen? Die Fans, die sich im Verlauf des Spiels von einer immer schlimmeren Seite zeigten, konnten kaum dem Gegner die Schuld geben, denn wer ist schon Baunatal (die Verwünschung, die ich von einem weiblichen Fan hörte, war beinahe süß: "Ich hoffe, die bleiben mit ihrem Mannschaftsbus auf der A5 im Stau stecken!"), also war der Schiedsrichter der Sündenbock, der vor allem gegen Ende einige zweifelhafte Entscheidungen fällte (erst ließ er den nach einem Sturz in die Werbebanden behandelten Baris Yakut über Minuten lang am Rand stehen, dann stellte er ihn für ein Foul mit glatt Rot vom Platz, für das ich nicht einmal Gelb gegeben hätte), doch Trainer Rico Schmitt sperrte sich (überraschenderweise mit mir einer Meinung) gegen diese Verurteilung: Die Mannschaft verdiente die Niederlage, weil sie sich von den Fans aus dem Konzept reißen ließ, und da war es nur folgerichtig, dass sie trotz der Niederlage mit Beifall bedacht wurde. Sie ließ sich zu einem ewigen Angriff hinreißen und verlor gegen eine Mannschaft, die spielte, wie sie es in der letzten Saison unter van Lent hätten tun sollen, aber nur selten taten. Sie ließen sich auskontern.

Einige Fans, die es schon in der Mitte der zweiten Halbzeit durch Becherwürfe zur ersten Verwarnung zu einem Spielabbruch gebracht hatten (und mir damit eine Bierdusche bescherten), ließen es diesmal nicht damit genug sein. Ein Fan überwand die Absperrung und musste von den Ordnern überwältigt werden, andere drohten, ihm gleichzutun, und am Ende der Partie bildete sich ein Mob vor der Haupttribüne, der entweder mit dem Schiri oder mit den Baunataler Fans abrechnen wollte, woran ihn nur ein Polizeiaufgebot hinderte. Tja...
... Es gibt wohl ein bis zwei Spiele in der Saison, in denen ich mich meines Trikots schäme (was diesmal übrigens jenes von vorletztem Jahr war), doch dass es diesmal schon beim zweiten Heimspiel soweit ist... Es gefällt mir nicht. Ganz und gar nichts.

Nächste Woche wartet ein Auswärtsspiel gegen Waldhof Mannheim, welches ich an mir vorbeiziehen lassen werde. Mal sehen, was dann geschieht.

Saphir
18.08.2013, 21:49
http://www.youtube.com/watch?v=BIS6iiLv9sg

Hier seht ihr eine Zusammenfassung des Baunatal-Spiels durch die Offenbach-Post. Nach dieser Niederlage steht der OFC auf Rang 7, während sich die zunächst als gefährlich gehandelten Saisonauftaktgegner als deutlich harmloser entpuppten: Koblenz und Hoffenheim II stehen unten drin, Worms grüßt von Rang 11. Dafür gewannen Mainz II und Großaspach alle ihre Spiele und führen das Feld an.

Was also gab es in den letzten Wochen neben dem Sportlichen zu berichten? Da gab es Einiges - und leider wenig Gutes.
a.) Noch am Tag des Hoffenheim-Spiels erschien die Polizei in der Geschäftsstelle und beschlagnahmte Akten zu der letzten Saison; eine Folge von Thomas Kalts Selbstanzeige. Es wird wegen Bilanzfälschung und Insolvenzverschleppung ermittelt.
b.) Da dadurch dem Präsidium die Akten fehlen, wurde die Mitgliedervollversammlung um zwei Wochen nach hinten verschoben (auf Mitte September). Während schon lange feststand, dass dann das Präsidium geschlossen zurücktritt, scheinen sich neue Kandidatengruppen zu formen.
c.) Der Verein braucht die Führung, gerät er nun (wie befürchtet) durch die Insolvenz in Finanznöte, da er für die Profi-GmbH bürgte. Nach Ansagen nach außen ist die Situation zwar hart, aber nicht lebensbedrohlich.
d.) Vielleicht als Folge davon startete die U23 richtig schlecht in die Saison und kassierte drei Niederlagen, ehe sie heute mit einem Sieg die ersten Punkte einfuhr. Hatte ich geschrieben, dass ich eine Zweite Mannschaft gerade einmal eine Liga unter der Ersten als Trumpf ansehe? Ich wäre froh, wenn sie nicht wegbricht.

Soviel an dieser Stelle. Bis zum nächsten Mal.

Louis
19.08.2013, 05:01
Worms grüßt von Rang 11.

Worms hat das Kunststück geschafft, 4 Unentschieden aneinander zu reihen. Allerdings alle gegen Gegner, die aktuell eher im oberen Tabellendrittel zu finden sind (ihr seid da sogar mit dem 7. Platz das schlechteste Team). Gegen die drittplatzierten, starken Freiburg gab es gestern auswärts unentschieden, und gegen Frankfurt II und Homburg leider zu Hause Unentschieden. In der Freiburger Mannschaft standen mit Kerk, Zuck, Krmas und Jullien gleich vier Leute aus dem Bundesliga-Kader.

Keine Ahnung, in welche Richtung man das interpretieren soll. Ich hab jedenfalls noch Hoffnung, dass da mal ein schwächerer Gegner auftaucht, der mal für etwas Moral sorgt.

Saphir
20.08.2013, 00:35
Vielleicht sollte ich noch die Besonderheit des diesjährigen Spielplans erwähnen: Offenbach muss immer gegen die Gegner ran, die am letzten Spieltag bei Frankfurts Zweiter zu Gast waren und gibt sie dann immer an Homburg weiter. So gesehen überraschen mich deine Nennungen nicht.

Zu Worms: Ich bin ehrlich gesagt froh, dass wir sie erst einmal hinter uns haben. Sie waren ja noch nicht eingespielt und damit recht sicher noch nicht am Ende ihres Potentials.

Saphir
07.09.2013, 22:21
Reden wir zunächst einmal über einen Mann: Stefano Cincotta. Dieser Herr wechselte als Jugendnationalspieler aus der Region (wie das bei Jugendspielern oft ist) zum Kickers Offenbach unter Wolfgang Wolf und seinem "eigentlich Zweitligakader". In diesem ersten Jahr seines Zweijahresvertrages fiel er nicht auf, im zweiten unter Arie van Lent wurde er erst zu einem der hübschesten Auswechselbankwärmer (und Zweite-Halbzeit-Warmläufer) des Kaders und bekam dann seine Chance auf seiner Position als Linker Verteidiger oder im Linken Mittelfeld. Da bedeutete es dann... ach, lasst mich lieber einfach wiedergeben, was Ramon Berndroth auf der exklusiven Stadionführung sagte, nachdem man seinen Vertrag nicht verlängerte: Es täte in der Seele weh, ihn ziehen zu lassen, doch man habe einfach nie damit gerechnet, dass er sich so stark präsentieren würde. Nun sei es auch tragisch dem Spieler gegenüber, doch man brauche ihn einfach nicht, man habe immerhin zwei Linksverteidiger vor ihm mit Stein und Dziwniel. Letzteren sähe der Trainer stärker. (In der Saison sollte, wie ihr lesen konntet, einiges die Außenverteidigerpositionen betreffend passieren: Christopher Lamprecht erholte sich nicht von seiner Verletzung, weswegen Stein nach rechts rücken musste; Maximilian Ahlschwede schwächelte zeitweise und gelegentlich wurde sogar ein Innenverteidiger nach außen gezogen, da Daniel Dziwniel nicht mehr als ganz ordentliche Spiele ablieferte. Ob Stefano Cincotta da geholfen hätte, ist schwer zu sagen.)
Herr Cincotta ließ sich Zeit, fand aber doch kurz vor Ende der Transferperiode einen Platz beim FC Lugano in der zweiten Schweizer Liga. In diesem Jahr ergab sich die Chance, dass er nach Deutschland zurückkehrte, doch auch wenn sein Wechsel zum Drittliga-Kader des MSV Duisburg schon als fix gemeldet wurde, platzte dieser Traum. Da erinnerte sich Stefano Cincotta an seine Zeit in Offenbach und klopfte nun an die Tür.
Man wies ihn ab. Man habe, auch wenn man noch über weitere Spieler nachdenke, kein Interesse.

Reden wir nun über das Spiel bei Waldhof Mannheim, welches ich als erstes in dieser Saison auf keinste Weise verfolgte und auch wenn mein geplanter Wien-Aufenthalt ins Wasser fiel (aus anderen Gründen als dem gleichzeitig einsetzenden Regen), zog ich ein Buch einer Auswärtsfahrt in das mir recht gut bekannte Mannheim vor (auch da habe ich schon einige Tage gearbeitet). Für Kickers Offenbach war das keine Option, vielmehr mussten sie sich überlegen, wie sie auf die verdiente 0:3-Heimschlappe gegen Baunatal und das Erwachen aus der Auftakteuphorie reagieren sollten. Trainer Rico Schmitt kündigte ein kritisches Nachdenken über die Positionen an und beließ es dann doch bei der gleichen Startaufstellung wie in den Spielen zuvor. Ich fasse mich einmal kurz.

Waldhof Mannheim - Kickers Offenbach: 1:0

Es soll eine unglückliche Niederlage gewesen sein. Sechzig Minuten lang habe man Mannheim dominiert, dann kassierte man ein dummes Freistoßtor und ließe sich davon brechen. Ein Tag zum Mäusemelken, nach dem niemand mit sich zufrieden sein kann.
Was sich anschloss, das war der Grund für mich, nicht nach Mannheim zu fahren: Es gab Ausschreitungen und Krawalle und als Höhepunkt wurde Offenbachs Teambus angegriffen... und daraus kann man lesen: Die Vorfälle gingen so überwiegend auf Mannheimer Fans zurück (überraschend, wo man doch gewann), dass sich im Vorwort des Stadionheft des nächsten Heimspiels der Fanbeauftragte Matthias Schmitt bei den Fans dafür bedankte, nicht ebenfalls schlecht aufgefallen zu sein. Das war übrigens auch das erste Vorwort, welches ich von ihm las.

ps: Das Buch war übrigens Patrick Lee's "Die Pforte", ein SciFi-Action-Roman. Ich erwarb ihn von der Resterampe und fand ihn so überzeugend, dass ich mir gleich darauf die nächsten beiden Bücher der Trilogie zulegte. Sie waren ihr Geld wert.

Louis
08.09.2013, 08:30
Entschuldige, dass ich deinen Thread kapere, aber Worms scheint offenbar diese Saison mehr Interesse zu haben, irgendwelche Weltrekorde zu knacken, und hat aktuell 7 Unentschieden nach 8 Spielen. :lach :D :donk

Damit ist die Wormatia die einzige Mannschaft, die noch nicht in dieser Regionalliga-Spielzeit gewonnen hat. Selbst Tabellenschlusslicht Baunatal hat einen einzigen Sieg (und 7 Niederlagen).

Komplett irre.

Saphir
22.09.2013, 13:09
(Ein Fan kommentiert das aktuelle Heimtrikot. Inzwischen ist es soweit gekommen, dass wir auch bei diesem jede Originalität abgesprochen bekommen.)

Am Freitag, den 30. August (ja, so weit hinke ich inzwischen hinterher), hatte ich die Wahl, denn Angela Merkel kam nach Frankfurt und überschnitt sich genau mit dem Kickers-Spiel. Da musste ich grübeln. Ich würde sie zwar höchstwahrscheinlich nicht wählen (das gilt auch heute), doch... es ist die Kanzlerin, es ist damit auch irgendwie meine Kanzlerin, und wenn ich nicht jetzt die Chance wahrnahm, sie live zu erleben, wann dann? Irgendwie ist es doch beschämend, wenn ich Vierliga-Fußballern nachreise, aber unser Staatsoberhaupt im Regen stehen lasse (symbolisch gesprochen, es war zwar an dem Tag bewölkt, regnete jedoch nicht... meine ich). Was sagt das über mich aus?
Ich musste mich also fragen: Rotes Elend oder Schwarzes Elend? Ich entschied mich für das Heimspiel aus zwei Gründen: Einmal würde es auf dem Römerberg sicher gerammelt voll sein, was meines nicht ist, und zweitens würde ich so bald nicht wieder ins Stadion kommen. Auch das sollte sich bewahrheiten.

Ich sollte es nicht bereuen. In Offenbach selbst war die Stimmung inzwischen besser, von der verkrampften, gewollten Positivheit war nichts mehr zu spüren, die 6.500 Zuschauer, die kamen, kamen trotz Mannheim und Baunatal, sie wussten, was sie erwarten konnten und namen es hin. Bezeichnenderweise sah es bei Ulm ganz anders aus, welches diesmal all die wohlbekannten Anzeichen von Ratlosigkeit einer kriselnden Traditionsmannschaft zeigte: Mit einem Aufstiegswunsch gestartet und aktuell unten drinhängend, sollte der Trainer mit frühen Wechseln reagieren, während die Fans (ich sollte sie unterschätzen, da ihr Block etwa so gut gefüllt war wie zu Drittligazeiten gegen Bremen II, aber das ist in der Regionalliga wohl nicht schlecht.) das Spiel völlig ignorierten, für den Erhalt ihres Mannschaftsnamens und Wappens (auch mit Choreo) eintraten, zur Halbzeit geschlossen auf oberkörperfrei wechselten und Rauchpulver zündeten, wofür sie verwarnt wurden. Offenbachs Reaktion? Keine, wenn man von den Einlaufjungen absieht, die IAA-Werbezettel zusammenknüllten und über die Brüstung warfen. Das störte aber bezeichnenderweise nicht einmal den Ordner unter ihnen.

An diesem sechsten Spieltag griff Rico Schmitt endlich die Gelegenheit beim Schopfe und veränderte seine zuvor immer konstante Startaufstellung. Er war dazu gezwungen, da Klaus Gjasula das Kunststück gelang, im fünften Spiel die fünfte Gelbe Karte gesammelt zu haben. Das Ergebnis seht ihr hier, von mir während des Spiels notiert. Auch das System sollte sich jedoch im Verlauf der Partie ändern.

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Tor: Daniel Endres (16)
Abwehr: Dennis Schulte (23), Giuliano Modica (5), Marcel Wilke (21), Kevin Wittke (7)
Mittelfeld: Jan Biggel (13), Matthias Schwarz (6), Benjamin Pintol (9), Denis Mangafic (30)
Sturm: Fabian Bäcker (11), Christian Cappek (14)

Auf der Ersatzbank wartete eine Überraschung: Ersatztorwart Feim Statovci fehlte aus Gründen, die ich nicht kenne und da Yannic Horn immer noch verletzt ist, stand auf einmal die Nummer 1 der U23 (und damit faktisch deren Ersatztorwart), Jonas Iser, mit frischer Rückennummer im Kader - mit der 28, der Nummer des Stammtorwarts der letzten Jahre, Robert Wulnikowski. Das wäre ein humorvoller Schlussstrich unter diese in Ungnade gefallene Legende gewesen.

Offenbacher Kickers - SSV Ulm: 1:0

Das Spiel, das kann man nicht anders sagen, war toll. Beide Mannschaften spielten sehr offensiv und offen, hatten ihre Chancen und vergaben sie entweder, oder die starken Torhüter vereitelten sie. (Auf Transfermarkt.de sollte ich später lesen, ein 3:2 wäre das passendere Ergebnis gewesen. Dem stimme ich zu.) Kickers Offenbach dominierte den Großteil, hatte jedoch eine wirklich miese Chancenverwertung und konnte froh sein, dass sie nicht bestraft wurde - das Ergebnis war glücklich, aber verdient. Herausheben möchte ich zwei Spieler: Einmal Daniel Endres, an dem nicht vorbeizukommen war, und der trotz Karambolagen die Zähne zusammenbiss und bis zum Ende durchspielte (auch wenn ich Jonas Iser sein erstes Spiel gegönnt hätte, wäre dieses wohl falsch dafür gewesen.), und Benjamin Pintol, jenem Akteur zwischen OM und Mittelstürmer. Hätte ich ihn noch in der Woche zuvor gerne gegen Stefano Cincotta eingetauscht, überraschte er mich nun positiv und absolvierte eine beeindruckende Partie.
... Für die Statistik muss ich aber sagen, dass den Treffer keiner der zweieinhalb Spitzen erzielte, sondern der Innenverteidiger Giuliano Modica nach einer Ecke. So fiel es denn, das erste Heimtor der OFC.

Saphir
22.09.2013, 14:43
Nach Ulm begann die Horrorwoche, die am Mittwoch zu Nummer 2 und am Samstag zuhause gegen Nummer 1 führte. Für mich begann damit die Phase der Abstinenz - weder war ich vor Ort, noch konnte ich die Spiele an Geräten verfolgen, dazu sollte sich die Arbeit (und einmal eine private Reise) als zu dominant erweisen. Die nächste Meldung schlug ein wie ein Paukenschlag: Nach Sascha Korb, Rico Schmider und Yannic Horn verletzte sich auch der unentbehrliche Sechser Matthias Schwarz und kehrte bis heute nicht in den Kader zurück. So war Trainer Rico Schmitt gezungen, erneut umzubauen, und er entschied sich für größere Veränderungen: Stefano Maier ersetzte Kevin Wittke (er verletzte sich vorher im Training, allerdings gehörte er in den letzten Wochen zu den Schwächsten, auch gegen Ulm wurde der zu Beginn der zweiten Halbzeit ausgewechselt), Klaus Gjasula bildete zusammen mit Jan Biggel die Doppel-Sechs, die Außen-Stürmer wurden zu äußeren Mittelfeldspielern und vorne im Sturm stand der eigentlich für die U23 verpflichtete Steven von der Burg. Für ihn musste Denis Mangafic vom Feld, er wurde wohl geschont.

Klingt irrsinnig? War wohl recht lustig, besonders dem Ergebnis nach:

Sonnenhof Großaspach - Offenbacher Kickers: 0:2

Auswärtssieg in seltsamen grünen Trikots (scheinbar hob sich weder Rot-Weiß noch Orange-Rot genug vom reinen Rot ab), bei dem sich Offenbach auf das Kontern beschränkte, Steven von der Burg gleich sein erstes Tor schoss und der Sieg wohl auch insgesamt verdient war.


Am Samstag darauf wartete dann mit Mainz der Tabellenführer. Seit Wochen hatte man im Stadion Werbung für ein anderes Event gemacht: Offenbach wollte "Sportstadt" werden und trat dabei gegen eine andere Stadt an, wozu auch Aktionen im Stadion gehörten. Ich kann da nicht genauer werden, da es zum ersten Heimspiel wurde, bei dem ich nicht vor Ort sein konnte. Wieder habe ich etwas verpasst.
Gegen den Tabellen-Ersten veränderte sich die Aufstellung leicht: Denis Mangafic kehrte in die Startelf zurück, wofür Steven von der Burg draußen bleiben musste. Was das heißt... ach, sagen wir es so: Vor Großaspach war ich zuversichtlich, denn wann immer in Offenbach frische Kräfte aufs Feld gerufen werden, gleicht deren Motivation fehlende Erfahrung aus, schlimm wird es erst dann, wenn sich ein Dauerzustand einstellt: Großaspach nahm ich zuversichtlich, vor Mainz habe ich gezittert. Ich sollte mich irren.

Kickers Offenbach - Mainz 05: 2:1

Scheinbar trat die Mannschaft zuhause an wie drei Tage vorher auswärts: Man ließ Mainz das Spiel machen, beschränkte sich auf Konter und ging in der ersten halben Stunde damit mit 2:0 in Führung. Dann stand man, so gut man konnte, musste noch nach der Halbzeit das Gegentor hinnehmen, gab, was man hatte, und ließ sich anschließend feiern. So schön kann Kickers Offenbach sein.

Nach neun Punkten aus den letzten drei Spielen stand man daraufhin auf dem 3. Platz, nur überragt von den letzten beiden Gegnern. Ein Offenbach-Anhänger mag sich denken: "So kann es weitergehen.", doch er weiß auch: "Wahrscheinlich geht es erst einmal wieder runter."

Saphir
06.10.2013, 14:21
Ein Wochenende drauf war ich auf Convention in Kassel. Es handelt sich um die Connichi, meine Stammcon, in der ich neunmal in den letzten zehn Jahren aufschlug, und dass ich mir dabei keine Zeit für die Kickers nehme, außer die hätten just in Kassel gespielt, ist klar. Auch ein Spiel des KSV hätte ich mir vielleicht angesehen - aber auch die spielten auswärts.
Siebenmal von diesen neun Jahren übernachtete ich bei einer Freundin und tauschte Fahrdienste gegen Unterkunft, doch letztes Jahr brach deswegen die Serie: Eigentlich hatte sie mir schon zugesagt, doch dann hatte ich sie nicht mehr erreicht - da wurde es dieses Jahr Zeit, mich umzuorientieren. Ich suchte mir ein Hotel - und diese Geschichte hätte ich euch nicht erzählt, wenn sie keine Pointe haben würde: Dieses Hotel lag in Baunatal, direkt gegenüber vom Parkstadion.
Baunatal, das ist mehr ein langgezogenes, durch Eingemeindungen groß gewordenes Dorf als eine Gegen-Stadt, mehr ein Neu-Isenburg als ein Offenbach oder Fürth. Es lebt von seiner Nähe zu Kassel ebenso wie von seinem großen VW-Werk, ist aber ansonsten ziemlich klein... und grün... und hügelig. Das Stadion selbst liegt am Rande der Altstadt (Altenbauna) und besitzt vier markante, schwer behangene und massive Flutlichtstrahler, an denen ich mich auf dem Weg zum Hotel orientierte. Sonst sieht man von draußen wenig bei all dem vielen Grün, nur eine der alten Tribünen im umgestülpten Schuhkarton-Format: Dunkelbraunes Dach, dunkelbrauner Boden, dunkelbraune Hinterwand. Es ist wohl ein Stadion, welches von außen mehr verspricht, als es innen hält. Von außen wirkt es neu.
Mit dem Hotel, welches gegenüber lag (am Stadion grenzte auch ein Wohnwagen-Platz an), war ich sehr zufrieden, und meine Hoffnung, die öffentlichen Verkehrsmittel würden sich vor Ort entwirren, erfüllte sich - gerade dieser Punkt hatte mir im Vorfeld schlaflose Nächte bereitet. Das Spiel, welches am Samstag hier stattfand, verpasste ich allerdings - das ließ sich dann einfach nicht mehr mit meinen Con-Plänen vereinbaren.
Auf dem Schienenweg vom südwestlich gelegenen Baunatal zur Kasseler Innenstadt stieg ich auch einmal am Auestadion um, doch diese Hoffnung sollte sich trügen: Eine andere Umstieg-Station erwies sich als passender. So kann ich über jenen Ort nicht mehr Neues sagen, als dass er sich mit den Kassel Huskies eine Auffahrt teilt. Ich war ja schon einmal innen drin, doch da reiste ich mit dem Fanbus an, da bekommt man wenig mit.

... muss ich mich denn jetzt unbedingt dem Spiel in der Heimat zuwenden? Kann ich nicht lieber noch ein wenig in Erinnerungen an einen der Höhepunkte meines Jahres verweilen? Kann ich nicht noch lieber ein paar Zeilen damit stopfen, dass Baunatal erst am letzten Spieltag mit einem zweiten Sieg auf sechs Punkte kam und bis dahin Offenbach der einzige Stolperer über Stein und Wurzel blieb? Kann ich erwähnen, dass Kassel an diesem Spieltag zuhause mit 0:4 gegen Hoffenheims Zweite unterging und daraufhin versprach, seinen Fans ihr Eintrittsgeld zurückzuzahlen?
... Ach Mist, das sind zwei schlechte Omen.

Ich kenne auch das dritte Haus, auch wenn sich diese Begegnung auf das Jahr 2010 beziffert. Am Bornheimer Hang, dem Frankfurter Stadion auf der Nordseite des Mains, verweilte ich einmal an einem tristen Oktobertag, als mich die Neugier zu einem Verein, dessen Farben mir doch eigentlich viel näher liegen, in ein Flutlichtspiel des FSV gegen Bochum führte. Damals schlitterte der FSV nach einer starken Hinrunde gerade langsam in den Abstiegskampf herein, während die frisch abgestiegenen Bochumer hinter ihren Erwartungen zurückblieben. (Moment, dann kommt Oktober 2010 nicht hin. Ich sehe nach... 4. April 2011. Dann war es eben ein trüber Frühlingstag.) Ich sollte dieses Spiel mit einem deutlich gesunkenen Bild des FSV verlassen, und das lag nicht an der Niederlage (in meiner Erinnerung ging das Spiel 1:2 aus, transfermarkt.de sagt: 0:1), sondern an den Fans: Eventfans wie ich und zu viele Gestalten, von denen ich mich lieber distanzieren möchte. Wenn der einzige Gesang, der bei mir hängenblieb (und zwar schon nach dem Spiel), sich gegen Stadionverbote richtet, sagt das wohl einiges.
Das Stadion selbst liegt in Bornheim, einem ehemaligen Vorposten der Freien Reichsstadt Frankfurt und nun ein Stadtteil mit eigener Identität und eigener Innenstadt, ein urtümlicher Rest des alten Frankfurts, beinahe ein Sachsenhausen ohne Touristen. Das Stadion selbst, das "Volksbank-Stadion am Bornheimer Hang", wurde vor dieser Saison als Schreckgespenst der Stadionbetreibergesellschaft Bieberer Berg vorgeführt und verursachte einen Schreckensaufschrei unter den Fans - mir kam es damals als nagelneuer, aber seelenloser Betonklotz vor. Das inoffizielle Stadionmagazin, der "Erwin", warnt vor der langen Wanderstrecke, über die ich jedoch nichts sagen kann: Ich war ja im Heimbereich...
... und damit wären wir auch schon beim Thema, denn das Bornheimer Stadion blieb nicht ohne Zweitnutzer. Die Zweitmannschaft der Eintracht spielt dort und empfing die Kickers aus Offenbach zum großen Derby. Es sollte zur (vorerst) dunkelsten Stunde der Saison werden.

Eintracht Frankfurt II - Kickers Offenbach: 3:1

Über das Spiel möchte ich wenig sagen, weil ich wenig weiß, nur soviel: Die Niederlage war verdient und das Anschlusstor fiel durch einen Elfmeter. Das war das eine, doch damit kann man leben - Offenbachs Derbyschwäche ist ja bekannt. Das Schlimmste war das Verhalten der Fans. Hatten sich diese in Mannheim noch vorbildlich gezeigt, kam nun der Dämon ans Licht: Nach einer Provokation durch den Frankfurter Torwart kam es zum Platzsturm und antisemitische Gesänge wurden so präsent vorgetragen, dass sich die Vereinsführung davon distanzieren musste und in den nächsten beiden Heimspielen zu Aktionen dagegen aufrief. Offenbachs Anhänger wühlten sich im Schlamm und präsentierten sich stolz... zu niemandes Vorteil, auch nicht zum eigenen.

Saphir
08.10.2013, 13:21
Während in Frankfurt die IAA zu Ende ging, eine Erkältung mich gepackt hatte und die Arbeit mich von der wärmenden Sitzschale fernhielt (oder vom nicht minder wärmenden Betonstück mit meinem Namen darauf), musste sich Offenbach der Stunde Eins nach dem Schock stellen: Die Aktion "Zeig' Rassismus die Rote Karte" zog an den Fanscharen vorbei, während mit Zweibrücken der nächste Aufsteiger den heimischen Rasen bestieg. Der wahre Schock war jedoch ein anderer: Mit Fabian Bäcker fiel der nächste Stammspieler verletzt aus und kehrte bis zum heutigen Tag nicht zurück - mehr als nur der Ausfall des Vize-Kapitäns, sondern ein Stich ins Herz, war "Fabi" es doch gewesen, der die Euphorie der jungen Mannschaft und den Einklang mit den Fans am Deutlichsten vorlebte. So erhielt die erste Garnitur einen weiteren Abrieb... und, ach, Offenbach besitzt nur eine starke erste Garnitur.
"Kein Sieg gegen Zweibrücken", sollte die Webseite vermelden, doch nicht einmal das erhoffte Unentschieden trat ein.

Kickers Offenbach: SVN Zweibrücken: 0:2

Nach dem Spiel sollte Zweibrückens Trainer etwas ähnliches sagen, was auch aus Baunatal zu hören war: Dass eine Traditionsmannschaft mitsamt Traditionsumfeld nämlich auch eine frische, junge Aufsteigermannschaft zu Höchstleistungen anspornen kann. Die erste Halbzeit erinnerte wohl frappierend an die Baunatal-Begegnung, man wurde von dem Wollen des Gegners überrascht und fing sich in den ersten zwanzig Minuten zwei Tore. In der zweiten Halbzeit drehte dann der Wind und Offenbach dominierte, doch da die Tore nicht fielen, änderte sich nichts.
Zwei Namen kann ich noch nennen, da sie wohl die Sorgenkinder dieser Saison sind und gegen Zweibrücken zur Halbzeit ausgewechselt wurden: Stefano Maier und Klaus Gjasula. Letzterer muss Matthias Schwarz als Sechser ersetzen, was ihm manchmal gelingt und manchmal nicht, ersterer ist Innenverteidiger, der bislang nur als Außenverteidiger ranmusste, wobei ich mich an kein gutes Spiel von ihm erinnern kann. Allerdings fehlt es dem Kader an Breite, wie bemerkt.

Einen letzten Namen könnte ich noch nennen: Christian Telch, Ex-OFC-Außenverteidiger unter Wolf und van Lent, wechselte nach einem Jahr in Essen zu Zweibrücken und spielte durch. Ich hoffe, die Fans waren nett zu ihm, er hat sich nichts zuschulden kommen lassen.

Saphir
08.10.2013, 14:11
Der neue Spieltag, bezeichnenderweise folgte Heimspiel auf Heimspiel, begann mit der nächsten Schreckensmeldung: Denis Mangafic, eine der Entdeckungen der Saison und unermüdlicher Aktivposten auf der rechten Außenbahn, fiel nach dem Zweibrücken-Spiel verletzt aus. Mit ihm füllte sich das Lazarett, bestehend aus Yannic Horn, Sascha Korb, Rico Schmider, Matthias Schwarz und Fabian Bäcker, noch weiter - bei einem 24-Mann-Kader mit 5 Perspektivspielern ist das so eine Sache.

Trainer Rico Schmitt dachte an diese stille Reserve, als er den Kader erneut umformte: Zwei der drei Spieler mit unkonstanten Leistungen (Gjasula und Wittke) landeten auf der Bank, während die Außenbahnen mit zwei Jungen besetzt wurden: Baris Yakut und Mohamed Tahiri. Sie sollten eine saubere Partie spielen. (Einer der Hoffnungsträger der letzten Saison, Marcel Mosch, kam gegen Zweibrücken das ganze Spiel über zum Einsatz, doch scheinbar war der Trainer nicht zufrieden. Gegen Homburg fehlte er ganz.)

Kickers Offenbach - FC 08 Homburg: 2:3

Das war dann wohl das abwechslungsreichste Spiel der Saison. Die Kickers gingen in Führung, bekamen die Partie gedreht, glichen aus und fingen sich in den letzten Minuten den entscheidenden Treffer. Der hätte allerdings auch andersherum fallen können.

Saphir
08.10.2013, 14:38
Nun bin ich schon am letzten Samstag angelangt, einem regnerischen Tag, den ich mit Fanradio und Kopfhörern auf dem Bett liegend verbringe, doch dann hat die Übertragung erst mit technischen Problemen zu kämpfen und schließlich ruft noch ein Freund an, den ich lange nicht gesprochen habe... mit anderen Worten: So viel bekam ich dann auch nicht mit.
Lasst mich euch aber noch zwei Geschichten mit auf den Weg geben. Die eine bezieht sich auf den Titel: Ein Freiburger Balljunge wurde wohl von Offenbacher Fans mit einem OFC-Schal ausgestattet und drehte mit diesem ganz unbeachtet der Smybolik eine Runde um das Spielfeld. Anschließend durfte er den Schal wohl behalten und die Kommentatoren witzelten, er möge das doch bitte am nächsten Tag auch noch tun. Dann kam bekanntlich die Eintracht ins Haus.
Die andere Geschichte bezieht sich auf einen Titel eines älteren Eintrags: Freiburgs Trikots - und damit auch die Trikots deren zweiter Mannschaft - sehen jenen des OFCs zum Verwechseln ähnlich und während Offenbach auf seine inoffiziellen grünen zurückgreifen musste, bekamen die Kommentaroren Probleme mit der Macht der Gewohnheit. Der größte Unterschied war wohl die Werbung.

Von der Aufstellung her wählte Rico Schmitt nun den konservativen Weg, was ihm Unmut der Fans einbrachte: Alle drei Problemkinder drauf, die beiden erfolgreichen Perspektivspieler von letzter Woche nur auf der Bank, allein Alexandros Theodosiadis, der Außenverteidiger von der Bank, musste diesmal im Mittelfeld aushelfen. Das Ergebnis war ein ganz furchtbar schlechtes Spiel, welches sich erst in den letzten 10 Minuten entschied.

FC Freiburg II - Kickers Offenbach: 1:0

Es war wohl die erste Torchance Freiburgs... und wohl auch noch Abseits. So kann es gehen.

Fußballerisch sind wir damit wieder in der Gegenwart. Vier Niederlagen in Serie verwandelten einen dritten Platz in einen zehnten - nicht überraschend, liegt man doch beim transfermarkt.de-Kaderwert auf Rang 12 der Liga. Als Nächstes geht es am Montag gegen Kassel - und da heißt es hoffen. Punkte (auch im Plural) wären mal wieder schön.

Saphir
04.11.2013, 12:06
..., um auf der Stelle zu bleiben. So schwer es mir fällt, es zuzugeben, doch ein echter Aufhänger für diese Begegnung mag mir nicht einfallen. Ich könnte darüber sprechen, dass das Spiel auf einen Montag vorverlegt wurde, da sich ein Sender die Übertragungsrechte für die Regionalliga sicherte und ausgewählte Partien in sein Montagabendprogramm aufnimmt, doch davon war im Stadion selbst wenig zu merken. Lasst mich also mit einem Rechenbeispiel starten: Offenbachs Kader umfasst 24 Mann, darunter 3 Torhüter. Fallen nun Spieler aus, wie mit Korb, Schwarz, Bäcker, Mangafic und Schmider geschehen, reicht der Rest genau für die zehn Mann auf dem Platz und die sechs Feldspieler auf der Bank. Offenbach spielte also seit einiger Zeit am Rande seiner Kapazitäten.
Nun kehrt Hoffnungsträger Sascha Korb zurück und wird gegen Kassel spielen, während Stefano Maier aus dem Kader verschwindet, ich weiß nicht, warum. Die Aufstellung lautete damit:


Tahiri
Theodosiadis - Pintol - Wittke
Biggel - Gjasula
Schulte - Modica - Wilke - Korb
Endres

Nach vier Niederlagen in Folge wollte man gegen Kassel nicht noch einmal verlieren, und das merkt man: Hier tauchen auf einmal zwei Defensivleute auf den Außenbahnen auf. Entsprechend war das Spiel... ach, es war genauso lahm, wie sich das Freiburg-Spiel aus der Ferne anhörte, nur ohne böses Erwachen. Am Ende stand ein Punkt.

Kickers Offenbach - Hessen Kassel: 0:0

Den größten Aufreger gab es allerdings zu Beginn. Erinnert ihr euch an den Eklat des Eintracht II-Spiels, nach dem der DFB von Kickers Offenbach forderte, Aktionen gegen Rassismus und Intoleranz durchzuführen? (Ich hatte gemutmaßt, es würde sich um einen Zwang handeln, und lag damit richtig.) Leider hätte man wissen können, wie ungern sich Menschen belehren lassen, zumal von einem Verein, der so viel Gutwill fordert. Diesmal gab es keine diskutablen "Scheiß Eintracht"-Rufe, sondern ein Pyro-Feuer (ja, doppelt gemoppelt) als Antwort aus dem Block. Natürlich war das bei dem Derby zu erwarten gewesen.

Kickers Offenbach kommt nicht vom Fleck und rutscht immer weiter nach unten. Es ist traurig.

Saphir
04.11.2013, 12:28
Kassel hatte ein Nachspiel: Mit Marcel Wilke und Klaus Gjasula fielen zwei weitere Stammspieler aus, während mit Fabian Bäcker und Denis Mangafic sich zwei Spieler zu den Genesenen zurückmeldeten. Am nächsten Samstag, dem eigentlichen Termin für das Kassel-Spiel, standen beide im Hessen-Pokal No-Name-Mannschaften gegenüber und gingen über sie hinweg. In Sand, einem Stadtteil Bad Emstals, dominierte man den zwei Klassen tiefer spielenden Gegner in der ersten Halbzeit, ehe in der zweiten Hälfte Christian Cappek gelb-rot sah und den Gastgebern der Anschluss gelang. Alles in allem war es also ein Spiel zum Abhaken.

SSV Sand - Kickers Offenbach: 1:3

Das anschließende Spiel gegen die SpVgg Neckarelz war wieder ein Schritt weiter, ohne voranzugehen: Man spielte wohl gut, ließ sich aber für Nachlässigkeiten bestrafen und verlor damit in der Hinrunde auch gegen den dritten Aufsteiger.

SpVgg Neckarelz - Kickers Offenbach: 3:1

Beinahe interessanter ist eine Anekdote drumherum: Neckarelz kämpft wie andere Aufsteiger noch darum, den heimischen Platz regionalligatauglich zu bekommen, was zu einem Hickhack im Vorfeld führte: Erst war es genehmigt, dann widerrufen, zuletzt musste man nach Großaspach ausweichen, wo die Kickers ja schon gewannen. Leider konnten sie diese Erfahrung nicht wiederholen.