Das ist echt interessant, Kantel.
Das ist echt interessant, Kantel.
natura non facit saltus
Dann schreib ich mal weiter:
Wie kriegt man nun ein torusförmiges, helikales Magnetfeld?
Es gibt in der Forschung 2 Arten, wie dies realisiert wird wir beginnen mit Möglichkeit 1:
Der Tokamak
Dazu verändert man an den Spulen, die ein Torusförmiges Magnetfeld erschaffen, erst mal gar nichts. Die Poloidalkomponente des Magnetfeldes soll von einem Strom herkommen, den das Plasma selber erzeugt. Es muss ein Strom um den Torus herum fließen, dieser erzeugt dann per Induktion ein poloidales Magnetfeld. Zusammen mit dem ursprünglichen Magnetfeld ergibt das dann das gewünschte helikale.
Das ist in der Abbildung hier zu sehen (die wir weiter oben schon mal hatten):
Ganz oben haben wir in blau die Hauptspulen für das toroidale Magnetfeld. In der Mitte kommt nun der Strom im Plasma dazu (roter Pfeil) und das davon induzierte poloidale Feld. Im dritten Bild ist dann resultierende helikale Magnetfeld gezeigt.
So weit, so gut, aber: Wie kriegt man das Plasma dazu, dass dadrin ein Strom fließt? Man hat zwar viele freie bewegliche Ladungsträger in einem Plasma (die ganzen Elektronen und Ionen, aus denen das besteht) aber die gewegen sich von alleine eher zufällig. Und man kann ja nicht einfach irgendwelche Klemmen da rein halten. Die Lösung ist wieder: Induktion.
Man legt jetzt zusätzlich von außen ein elektrisches Feld an, dass sich aber ändert. Ein sich änderndes elektrisches Feld führt zu einem Strom bei frei beweglichen Ladungsträgern (genau das nutzt jedes Kraftwerk mit dem Generator aus - oder auch ein Fahrraddynamo). Dazu braucht man nun noch extra Spulen. Man kann sich das so ähnlich wie ein Transformator vorstellen. Im nächsten Bild sind diese zusätzlichen Spulen eingezeichnet:
Und zwar die grünen und das weiß-rosane in der Mitte.
Problem: Das E-Feld muss sich ändern. In einem Trafo oder Dynamo ist das kein Problem, denn hier wird Wechselstrom erzeugt oder mit Wechselstrom gearbeitet. Wir wollen in dem Plasma aber keinen Wechselstrom, sondern Gleichstrom. Der soll die ganze Zeit in die gleiche Richtung fließen. Lösung: Der Strom in den Trafospulen muss einfach immer größer werden. So lange er das mit konstantem Zuwachs tut, wird in Plasma ein Gleichstrom erzeugt - und genau das wollen wir. Nun ist aber dem Anwachsen des Stromes eine Grenze gesetzt. Unendlich groß kann man ihn nicht werden lassen, also muss irgendwann der Plasmastrom zusammenbrechen und damit auch die Poloidalkomponente unseres Magnetfeldes. Und genau dann hört auch der Einschluss des Plasmas auf. Es trifft auf den Rand und geht aus.
Wenn der Reaktor aber groß genug ist, kann man den Trafo-Strom aber recht lange immer höher treiben. Mittlerweile sind da anscheinend Zeiten bis zu 15 min möglich.
Tokamaks (das Wort ist ein russisches Akronym) gibts es ne ganze Menge. Der jetzt gebaute Fusionsreaktor in Frankreich, ITER ist einer. In Deutschland gibts auch ein paar: Im Forschungzentzrum Jülich steht TEXTOR, in Garching steht ASDEX Upgrade. In England gibts noch das Experiment JET, was vor ITER das größte war, mit den längsten Einschlusszeiten.
Denn obwohl der Tokamak nur einen gepulsten Betrieb zulassen würde, hat er gegenüber der Alternative einen entscheidenden Vorteil: Er funktioniert besser. Jedenfalls bisher.
"Die Macht des Verstandes wird auch im Fluge dich tragen" - Otto Lilienthal
Möglichkeit Nummer 2:
Wir bauen die Magnetfeldspulen einfach ein bisschen anders - komplizierter halt, sodass da von vornherein ein helikales Magnetfeld bei rauskommt.
Der Stellarator
Wie gesagt, man baut die Spulen also gleich so, dass das Feld helikal ist. Dann kann man sich die ganze Geschichte mit dem Strom im Plasma sparen... - so die Idee. Die ersten Versuche sahen so aus: (Das Bild kennt ihr auch schon von oben.)
Man baute einfach zu den toroidalen Hauptfeldspulen zusätzliche Spulen, die sie spiralartig um den Torus herumwinden. Im Bild heißen sie Helikale Windung. Problem: Das funktioniert nicht. Das Plasma bricht einfach sehr schnell aus. Deswegen wurde in den 60ern bis 90ern der Tokamak bevorzugt.
Man fand später raus, worans liegt: minimale Ungenauigkeiten in der Anfertigung, im Einbau und auch, dass da nur 4 helikale Windungen eingebaut sind, verschlechtern den Einschluss. Das einschließende Magnetfeld hat sozusagen Löcher. Ok, dann baut man das eben so, dass da keine Löcher drin sind - das ist aber nicht so einfach. Man muss viel berechnen, simulieren, neues Experiment bauen, wieder Löcher finden, wieder berechnen simulieren....
Nach 10 Jahren Rechenzeit mit nem CRAY-Rechner (Aussage meines Hochtemperaturplasmaphysik-Profs) kam dann das hier raus:
Das Blaue sind die Spulen, das Gelbe das entstehende Magnetfeld. Man baut die Hauptspulen so, dass das Feld gleich vernünftig wird. Hierbei muss mit ner Präzision im µm-Bereich gearbeitet werden, damit das später funktioniert - sowohl bei der Berechnung als auch bei Anfertigung und Einbau der Spulen.
Wir Greifswalder hoffen natürlich, dass der Stellarator besser funktioniert als der Tokamak, denn hier wird ja grade Wendelstein 7X gebaut. Ein Vorteil wäre schon mal, dass der prinzipiell im Dauerbetrieb laufen könnte. In Garching gibts auch noch nen Stellarator, Wendelstein_7-AS den Vorläufer vom Wendelstein 7X. Die Japaner haben auch ein größeres Experiment, die Amis und Briten auch was. Der Tokamak ist zur Zeit halt prestigeträchtiger.
So viel zu den prinzipiellen Reaktoren. Demnächst kommt ein bisschen was zum "Drumrum"
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