Zweite Runde, meine Version.
Ich kann mich noch erinnern, als sich CDs immer mehr durchsetzten. Einigen sagten damals, CDs hätten einen "kalten" Klang, Schallplatten hingegen klängen "warm", "seidig", etc.
Teilweise kann ich diese Beschreibungen sogar verstehen.
Ich bin mit Schallplatten aufgewachsen. Schallplatten haben einen Dynamikumfang von etwa 55 - 60 dB. Darauf hat sich mein Gehör und meine musikalische Erwartung eingestellt. Extreme Dynamik, so wie theoretisch auf CD möglich - etwa 96 dB - empfinde ich als unnatürlich. Das nervt insbesondere bei klassischer Musik: mal ist's so leise, daß man kaum was hört; mal schmettert es so los, daß ich einen Herzkasper kriege.
Knacksen, knistern, Staub auf der Rille kann auch gut klingen, wenn's nicht zu stark ist. Nicht umsonst mischen manche Leute ihren digitalen Tracks das künstlich bei. Je nach Geschmack klingt eine knisterfreie Aufnahme entweder "steril" oder "sauber".
Über die Jahre hat sich das Klangbild von Musik ziemlich gewandelt. Der Grund ist natürlich Aufnahme-Equippment, das ständig besser wurde. Manche aktuellen Klassik-Aufnahmen kann ich mir nicht anhören, weil einfach zu viele Höhen drin sind. Gerade Bläsersätze fallen mir hier unangenehm auf. Oder auch ACDC. Die frühen Alben hatten einen geilen, druckvollen Sound. Heutzutage sind die Höhen viel zu krass 'reingedreht.
Stichwort "Authentizität": ich finde, man kann alte Blues-, RnR-, Soul- oder Funkstücke nicht eins zu eins nachspielen - man kann schon, aber dann klingt es einfach falsch - zuviel Bass, zuviele Höhen, das ist nicht authentisch. Umgekehrt würden manche aktuellen Sachen nicht funktionieren, wären sie mit 50er-Jahre Equippment aufgenommen.
Fazit: keine analoge Aufnahme kann einer digitalen das Wasser reichen, wenn's um aufnahmetechnische Authentizität geht. Ob's dann besser klingt, steht auf einem anderen Blatt - und ist eine Geschmacksfrage.