Diesen Titel möchte ich nicht kommentieren.
Dunkle Wolken hängen über Offenbach und der Regen zerstört sicher nicht nur mein Frisurenkonzept - es ist fast so, als würde die Zeit verrückt spielen und auf den Winter der Herbst folgen... und zum Herbst gehört auch Nebel: Rico Schmitt gab keine Pressekonferenz vor dem Spiel und so konnte man nicht durchblicken, was geschehen würde. Zum ersten Mal seit langer Zeit war ich auf die Aufstellung meiner Mannschaft gespannt.
Es geht gegen Saarbrücken zum 14. gegen den 15. und - auch hier fühlt es sich komisch an - das Stadion ist leer; trotz mehr Gästefans als gegen Aachen sank der Zuschauerschnitt weiter und ließ die Prophezeiung vom Spielertreff "Ihr spielt so noch das Stadion leer" ein bisschen düsterer drohen. Ich sollte jedenfalls die Gunst als Stunde nutzen und einmal die Seite des Tribünenblocks wechseln; statt Staionrand nun mittenrein und dorthin, wo mein Name steht. (Ja, tut er. Das ist aber eine andere Geschichte.)
Rico Schmitt-Spiel 1. Ich taste mich langsam heran.
Der Kader: Auch wenn gerne von einem Jugendkonzept gesprochen wird, sieht es für die eigenen Kräfte erst einmal düster aus: Kein Dziwniel, kein Maier, kein Mosch, nur Yannic Horn wird als dritter Torwart dort Platz finden. Das Gebot der Stunde scheint vielmehr darin zu bestehen, den Spielern klarzumachen, dass nun die Karten wieder neu verteilt werden. So kehrt Lars Bender zurück, während auch Kai Hesse nach langer Verletzung endlich wieder seinen Platz findet. Thomas Rathgeber fehlt gelb-rot-gesperrt, Torhüter Wulnikowski verletzt und krank.
Die Aufstellung: Ahlschwede für Washausen, Schwarz für Mehic, Bäcker statt Avdic oder Vogelsang... ach, wenn so einfach van Lent übertroffen werden könnte, dann warf er sich selbst vom Stuhl - alle Änderungen lagen auf der Hand. Endlich einmal spielen wieder zwei Außen- und zwei Innenverteidiger auf ihren jeweiligen Positionen und auch das Duo Stadel/Kleineheismann konnte nun zusammen auftreten - weiß van Lent allein, warum er sich so gegen diese Konstellation sperrte. (Für Marcel Avdic sollte es übrigens ein Tag zum Vergessen werden: Nicht nur bließ ihm nur die Bank, er hüpfte auch (aus nicht offengelegten Gründen) mit fremder Trainingshose herum (von seinem Banknachbarn Dziwniel) und als er die Aufgabe bekam, nach dem Aufwärmen die Hütchen aufzusammeln, scheiterte er sogar dabei und ließ eines stehen - es wurde erst nach dem Anpfiff von Maxi Ahlschwede hinter die Bande befördert.)
Ich ging davon aus, dass damit das 4-5-1-System van Lents fortgeführt werden würde, da ja nicht viel Zeit zum Umgewöhnen blieb, aber ich sollte mich täuschen: Die Doppel-Sechs wurde aufgelöst, Matthias Schwarz spielte Rechtes Mittelfeld und Julius Reinhardt ging ins Offensive auf seine Stammposition... Tatsache, das offene van Lent von Beginn an, dass ich das noch erleben darf...
Bleibt noch der Kapitän... und das war Mathias Fetsch. Eine interessante und unerwartete Wahl, doch keine schlechte. (Das Trainer sollte später im Interview erwähnen, den eigentlichen dritten Kapitän Marc Stein aus der Verantwortung zu nehmen, da er die Saison über in die Kritik geraten war - er spielt einfach nicht auf dem Niveau, welches man von einem Ex-Bundesliga-Spieler erwarten könnte.)
So kam es also zum Spiel... und wie es dazu kam. Offenbach bekam Anstoß, spielte herum und ging nach vorne, Julius Reinhardt dribbelte auf's Tor zu, wurde von zwei Saarbrückers gesandwitcht und ging zu Boden - ein Pfiff. Offenbach bekam einen Elfmeter, noch ehe die erste Minute verstrichen war. (Ob er gerechtfertigt war? Ach, schwer zu sagen. Unbedingt hätte man ihn nicht pfeifen müssen.)
Wer tritt nun an, wo mit Thomas Rathgeber und Sead Mehic die beiden Stamm-Elfmeterschützen fehlen? Mathias Fetsch übernimmt es, tritt an und versenkt ohne Probleme. 1:0. So haben Spiele zu beginnen.
Was nun folgt, ist ein Traum. Es ist eines dieser Spiele, bei denen man auf die Uhr blickt und sich fragt: "Erst zehn Minuten vorbei?" Die Kickers erspielen sich Chancen im Minutentakt, die Motivation stimmt (und das bei Regen) und jeder gibt seine zehn Prozent mehr, es ist wirklich herrlich zu verfolgen. (Sagt jetzt nicht: "Klar, nach früher Führung...". Auch den Elfmeter hätte es ohne die 10% mehr nicht gegeben. Neuer Trainer, neuer Wind, man konnte es merken.) Ich muss allerdings auch Saarbrücken Respekt zollen, die standhaft blieben und wie eine Mannschaft im Abstiegskampf kratzten und bissen. Sie besaßen auch einen guten Torwart, der manche gute Möglichkeit der Kickers vereitelte, und kamen auch zu eigenen Chancen. Das Ergebnis gab ihnen jedoch unrecht: Aus einer weiteren, nicht besonderen Chance kam der Ball in den Strafraum und flatterte nach Gestocher im Netz. Fetsch traf zum 2:0. 20 Minuten waren da gespielt und es stand 4:1 nach Ecken.
Es war schön, doch kostete es Kraft: Die erste Hälfte der ersten Halbzeit dominierten die Kickers, die zweite waren sie immerhin noch besser, der Anfang der zweiten Häfte war ausgeglichen und am Ende Saarbrücken vorn. Das Spiel wurde in der zweiten Hälfte und bei trocknendem Platz immer heftiger und schmutziger. Nun gab es auch Karten (für beide Mannschaften, doch Offenbachs waren weitgehend dumm) und ungewöhnlich viele Fouls, die ungewöhnlich viele Sanitätereinsätze nach sich zogen. Wärend dieser zweiten Hälfte wechselte Schmitt auch... mit interessanten Folgen: Da kam Washausen für Bäcker (kein herausragendes Spiel von ihm, ich versprach mir eigentlich mehr) und führte zu einer vant Lent-Konstellation: Ahlschwede rückte vor ins rechte Mittelfeld und sah da auch nicht schlecht aus (im Fanradio sollte er jedoch deutlich machen, dass es ihm hinten besser gefiel); da verließ auch Vogler nach ebenfalls nicht berauschender Partie den Platz für Mehic, was das System wieder auf 4:5:1 umstellte und dann kam in den letzten Minuten Vogelsang für Schwarz, der dadurch für eine überragende Partie geehrt wurde. Er war auch für mich der Spieler des Spiels.
(Mehics Auftritt nach der Einwechselung hatte es in sich: Erst bekam er nicht die Kapitänsbinde zurück, dann schoss er mit einem Kraftschuss aus 20 Metern nur den eigenen Mann ab (Feldhahn), der darauf liegen blieb, und schließlich dribbelte er sich mitungeahnter Agilität durch drei Saarbrücker zu deren Strafraum durch (ohne dass dadurch viel entstand). Die Kapitänsfrage ließ darauf der Trainer noch offen.)
Es blieb beim 2:0 und damit bei dem von mir vorher getippten Ergebnis. Nach der ersten Hälfte hätte es auch 4:0 stehen können, nach der zweiten wäre auch ein 2:1 nicht unverdient gewesen, doch wie dem auch sei: Endlich wieder gewonnen! (Zum ersten Mal in der Liga seit über drei Monaten) Und endlich wieder zu Null!
Das war doch ein gutes Ergebnis nach einem spannenden Spiel. Ich hoffte ja, die Sportschau könnte es übertragen, doch trog sie. Dafür sah ich später André Hahns erste Torvorlage in der Bundesliga. Immerhin.