Politisches Geschwafel - Der Stammtisch für Besserwisser und Unterhemdenoverlords

[Spaceman]

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unt...84-312216.html

Griechenlands Wirtschaft muss angekurbelt werden - aber wie? Nach SPIEGEL-Informationen könnte die deutsche Ökostrom-Förderung auf griechische Solarfirmen ausgeweitet werden, einen entsprechenden EU-Plan prüft die Bundesregierung. Die Rechnung würden die Verbraucher hierzulande zahlen.

Was? Wir zahlen die Ökostromförderung um unsere Energiewirtschaft bei der Energiewende zu unterstützen. Zum einen mit dem Ziel, eine nachhaltige Energieversorgung zu bekommen und zum anderen mit dem Ziel, eine Basis für einen technologischen Vorsprung in dem Bereich zu schaffen. Und nun sollen diese Förderung dafür eingesetzt werden, dass griechische EE-Firmen deutschen Unternehmen Konkurrenz machen können? Es hakt wohl! Dann macht Akropolis-Solar dank deutscher Stromkunden dicke gewinne während Juwi und Schott-Solar in die Insolvenz gehen und ich meinen Strom bald wieder aus einem RWE-Kohlekraftwerk beziehen darf. Super...


Ich weiß, dass ist überzeichnet. Die Richtung stimmt aber trotzdem.

[Sare]

Wir zahlen die Ökostromförderung um unsere Energiewirtschaft bei der Energiewende zu unterstützen. Zum einen mit dem Ziel, eine nachhaltige Energieversorgung zu bekommen und zum anderen mit dem Ziel, eine Basis für einen technologischen Vorsprung in dem Bereich zu schaffen.

Das mag ja auf dem Papier richtig sein, aber die tatsächlichen Auswirkungen der Solarförderung sind etwas anders. Das meiste davon wird mittlerweile aus China importiert, unsere Hersteller profitieren also nur bedingt. Das wirklich perverse daran ist allerdings, dass die Förderung im Grunde eine Umverteilung von unten nach oben darstellt: Wohlhabende Leute können sich die Dinger auf's Dach packen und bekommen dafür hohe Renditen. Diese Renditen sind durch die Subvention im Vergleich zu andere Anlageformen zu hoch, zahlen müssen sie darüberhinaus alle. Arme Leute zahlen (mit) und reiche profitieren.

Das ganze bringt auch andere wirtschaftliche und technische Probleme mit sich.

und ich meinen Strom bald wieder aus einem RWE-Kohlekraftwerk beziehen darf. Super...

Du kannst dir zwar aussuchen, für welchen Strom Du zahlst, nicht aber, welchen Du physikalisch beziehst. Aber das weißt Du sicherlich.

[Spaceman]

Das mag ja auf dem Papier richtig sein, aber die tatsächlichen Auswirkungen der Solarförderung sind etwas anders. Das meiste davon wird mittlerweile aus China importiert, unsere Hersteller profitieren also nur bedingt.

Also ich habe mit Schott (Hersteller) und Juwi (EE-Firma) hier regelmäßig mit zwei Branchengrößen zu tun und glaub mir, die sehen das anders.

Der Hintergrund ist folgender: Zwar wird inzwischen ein Großteil der Module importiert, die werden aber zu fast hundert Prozent bei Privatkunden installiert. Firmenkunden kaufen für ihre großflächigen Dächer weiter heimische Module. Der Grund dafür ist simpel. Der Unterschied in Sachen Effizienz zwischen einem Highend-Modul von Schott oder der chinesischen Billigvariante ist relativ gering. Du brauchst also eine große Fläche, dass sich die Mehrinvestition rechnet. Aber die Rechnet sich dann halt auch...

Und selbst bei Privatkunden profitiert die Wirtschaft von der Förderung - zwar nicht die Industrie, aber das Handwerk. Es ist nicht Xhing Yua Sung, der die zwei Module auf Oma Ursels Dach in Nieder-Olm installiert, es ist ein Dachdecker aus der Region. Und gerade bei Privatkunden sind die Kosten für die Installation nicht selten höher als die für das ganze Equipment zusammen.

@Edit: Was die Umverteilung angeht, hast du zwar recht. Das tut aber gerade in dem Zusammenhang meiner Meinung nach nichts zur Sache.

Du kannst dir zwar aussuchen, für welchen Strom Du zahlst, nicht aber, welchen Du physikalisch beziehst. Aber das weißt Du sicherlich.

Und das ist mir zu doof, um darauf zu antworten.

[Sare]

Also ich habe mit Schott (Hersteller) und Juwi (EE-Firma) hier regelmäßig mit zwei Branchengrößen zu tun und glaub mir, die sehen das anders.

Der Hintergrund ist folgender: Zwar wird inzwischen ein Großteil der Module importiert, die werden aber zu fast hundert Prozent bei Privatkunden installiert. Firmenkunden kaufen für ihre großflächigen Dächer weiter heimische Module. Der Grund dafür ist simpel. Der Unterschied in Sachen Effizienz zwischen einem Highend-Modul von Schott oder der chinesischen Billigvariante ist relativ gering. Du brauchst also eine große Fläche, dass sich die Mehrinvestition rechnet. Aber die Rechnet sich dann halt auch...

Und selbst bei Privatkunden profitiert die Wirtschaft von der Förderung - zwar nicht die Industrie, aber das Handwerk. Es ist nicht Xhing Yua Sung, der die zwei Module auf Oma Ursels Dach in Nieder-Olm installiert, es ist ein Dachdecker aus der Region. Und gerade bei Privatkunden sind die Kosten für die Installation nicht selten höher als die für das ganze Equipment zusammen.

Aber zu welchem Preis? Der massive Aufbau subventionierter Solarenergie in einem Land wie Deutschland ist erstmal merkwürdig. Die Politik greift damit massiv ins Wirtschaftsgeschehen ein. Die Solarenergie deckt zuverlässig die Mittagsspitzen ab, verdrängt damit aber die Geschäftsmodelle von Gaskraftwerken, die bisher/vorher dadurch wirtschaftlich waren. Das hört sich auf den ersten Blick gut an, allerdings werden diese Gaskraftwerke auch für andere Spitzen benötigt. Dadurch ist die Politik nun gezwungenermaßen dabei, ein System mit Kapazitätsprämien zu entwickeln, damit solche Kraftwerke trotzdem noch existieren können. Das ganze führt dazu, dass der Strom auf zweifache Art teurer wird: Durch die Subventionen, die natürlich auf den Endverbraucher umgewälzt werden und künftig zusätzlich durch Kapazitätsprämien, die bisher nicht nötig waren.

@Edit: Was die Umverteilung angeht, hast du zwar recht. Das tut aber gerade in dem Zusammenhang meiner Meinung nach nichts zur Sache.

Das sehe ich anders. Durch die Solarförderung liegt ein massiver Staatseingriff ins Wirtschaftsgeschehen vor. Die Subventionen könnte man anderweitig sicherlich zielführender investieren. Wirtschaftlich effizient ist die Maßnahme in keinem Fall, also müssen andere Argumente her. Distributiv gerecht ist die Maßnahme durch die Umverteilung ebenfalls nicht. Die Verteilungsseite ist zwar immer subjektiv, aber ich glaube nicht, dass jemand dieses als gerecht empfinden würde. Also gibt es auch in diesem Punkt ein Minus.

Die Nachfrage nach den Dingern wurde von der Politik unterschätzt, die Subventionen sind zumindest zu hoch. Die derzeitige Konzeption der erneuerbaren Energien ist aus wirtschaftlicher Sicht teilweise Irrsinn, aber mit dem Todschlagargument CO2-Ersparnis kann man in Deutschland einiges durchwinken und vermurksen. Ich bin jedenfalls gespannt, was in den nächsten Jahren in dem Bereich noch alles geändert wird. Mit den derzeitigen Regelungen und Anreizsystemen bricht unsere Energieversorgung mit dem endgültigen Atomausstieg zusammen. Das ist zumindest mal ein Punkt, in dem sich Wissenschaft, Energieversorger und Netzbetreiber einig sind und die Politik weiß es auch.

[Spaceman]

Sare, mir geht es nicht davon, ob die Subvention an sich ein vernünftiges Instrument ist oder nicht. Mir geht es darum, dass es schwachsinnig ist, die Subvention für ein nicht verwandtes Ziel zu missbrauchen und das in einer Weise, die ihrem angedachten Zweck widerspricht.

[sucinum]

Sind Subventionen nicht eh grundsätzlich wirtschaftlich neutral und so betrachtet Geldverschwendung?
Das angenommen gibt es nur wenig Gründe, zu subventionieren, und das sind Investitionen in zukunftsträchtige Technologien, Aufbau/Erhalt von Arbeitsplätzen (quasi eine Umlage von SGB II) und die Unabhängigkeit von anderen Staaten. Das ist bei Solarenergie alles gegeben - aber nur, solange die Subvention im Land bleibt.

[Sare]

Subventionen sollten im Idealfall gezahlt werden bei Marktversagen (z.B. Grundlagenforschung) oder um soziale Härten zu überbrücken (Bsp. Steinkohlebergbau). Beide Punkte können auf die Subvention heute nicht mehr angewandt werden.

Griechenlands Solarenergie zu subventionieren ist natürlich in normalen Zeiten Schwachsinn, würde höchstens Sinn machen, wenn Deutschland sich im Gegenzug die CO2-Minderung anrechen lassen könnte, z.B. im Rahmen der Kyoto-Verpflichtungen. Mir ist es auf den ersten Blick aber lieber, wenn gezielt in Griechenlands Wirtschaft mit Hilfe solcher Maßnahmen investiert wird, als wenn man ihnen das Geld zweckungebunden schenken würde. Völliger Irrsinn wäre mMn, wenn das ganze über den Strompreis gezahlt würde, Strompreiserhöhungen treffen arme Leute am härtesten. Viele Hintergrundinformationen bietet der SPON Artikel aber nicht, man kann bei der populistischen Aufmachung nur mutmaßen.

[Spaceman]

Subventionen sollten im Idealfall gezahlt werden bei Marktversagen (z.B. Grundlagenforschung) oder um soziale Härten zu überbrücken (Bsp. Steinkohlebergbau). Beide Punkte können auf die Subvention heute nicht mehr angewandt werden.

Sorry, das ist die typische wirtschaftswissenschaftliche Arroganz, dass solche Fragestellungen nur nach wirtschaftlichen Aspekten entschieden werden müssten. Meiner Meinung nach ist das absolut falsch. Staatliche Subventionen sind in erster Linie Instrumente um politische Zielsetzungen zu erreichen. Das trifft auch auf die klassischen fiskalpolitischen Subventionen zu, wie du sie beschreibst.

Natürlich sollten bei jeder Subvention auch die wirtschaftlichen Nebenwirkungen erwogen werden - ob diese Nebenwirkungen aber dann hingenommen werden, ist in jedem Fall eine politische und keine wirtschaftswissenschaftliche Entscheidung.

[juelZ]

Erstens ist es keine rein "wirtschaftliche" Ansicht, wenn Sare vom Überbrücken soz. Härten spricht und zweitens kann man nach dieser Logik wenigstens nicht so einen Schmarrn wie die Abwrackprämie durchdrücken. Mir wäre es weitaus lieber, wenn Politiker davon absähen, mittels Subventionen ihre (kurzfristigen, meist bis zur nächsten Wahl gültigen) politischen Zielsetzungen zu erreichen.

[Spaceman]

Abwrackprämie? WTF? Sorry, jetzt rede ich nicht mehr mit dir...