Kommentar: NYON und Haus Doyle
Diese skurril wirkende Snowman-Episode vollzog sich tatsächlich, lässt sich aber besser mit den Bedingungen am Spieltisch erklären: Nachdem ich NYON für eine recht lange Zeit spielte, fühlte ich mich ihm müde, aber ich wollte auch nicht so einfach zu meinen üblichen nur 1W3 Abenteuer lang bespielten Charakteren zurückkehren, und dieser Kniff erlaubte es mir, effektiv mit einem neuen Gesicht die Gesamtkarmapunkte weiterzuführen.
Tatsächlich spielte ich Snowman für "1W3 Abenteuer", bis er einmal in einem mittelalterlichen Dorf als der Dorfschmied erwachte und dieses Abenteuer nach der Session nicht weitergeführt wurde. Dann begab es sich, dass ein fremder Spielleiter im Rahmen eines Rückgriffs auf Ardus' Hintergrundgeschichte NYON auftreten ließ - und komplett gegen den Strich darstellte. (Aus diesem Grund gebe ich mir im Bogen auch solche Mühe mit den Figurencharakterisierungen; ich erlebte zweimal solche Rückgriffe, beide Male gingen sie komplett daneben, und so etwas ist Gift für den suspension of disbelieve.) Daraufhin fühlte ich mich dazu angehalten, den "richtigen" NYON zu präsentieren, und Snowman verschwand in den Fußnoten.
Hier entschied ich mich ausdrücklich pro Snowman und gegen NYON. Caitlin und Leland besitzen so gegensätzliche Persönlichkeiten, Werte und Ansichten, dass ich keine Chance für eine gemeinsame Gegenwart sehe, Caitlin und Nigel hingegen... sie könnten ein schönes Duo bilden und gemeinsam versuchen, jenseits all des blanken Irrsinns eine Basis für ein Miteinander zu finden.
Die ursprüngliche Susan besaß abseits ihrer Grunddaten nie viel Persönlichkeit, und so füllte ich den Raum zwischen den Balken (= eine bei XI angestellte, auf Shadowland aktive Deckerin, Ardus' beste Freundin und "eine von den Guten") recht frei. Ich entschied mich für eine "Crazy cat lady"-Energie (ohne Katze) und ließ sie aus Caitlins Sicht letztlich in eine Antagonistenrolle schlüpfen, denn was sie ihrem Bruder antat, zählt trotz anfänglich guter Absichten als "ziemlich kranker Scheiß".
(Hier sei aber auch erwähnt, dass Ardus und Caitlin sie allein an ihrem Arbeitsplatz zurückließen und die Firma um sie herum radikalisierte und verfiel. Caitlin mag es übersehen haben, auch weil Susan sie nicht einweihte, aber ihre Freundin ist nicht mehr ganz dieselbe Person, die sie vor fünf Jahren täglich sah.)
Kommentar: Ardus und sein Schatten
Ich überlegte lange, ob denn Gizmo für Caitlins Spiel wichtig genug wäre, um einen eigenen Eintrag zu benötigen, aber zur Sicherheit...
In Gizmo schwingt noch jene Person mit, zu der sich Ardus in jenen Phasen seines Lebens annäherte, in denen er im Einklang mit seinem Totem, aber in Distanz zu anderen Personen lebte (wie während der Recc-Gruppe, aber auch schon in seiner Zeit als Proto-Shadowrunner): Seine magischen Kräfte sind ihm wichtig, sie sind Quelle seines Selbstbewusstseins und Selbstempfindens. Dies bestätigt er sich immer wieder durch das (meist nächtliche) Jagen und Überwinden von Gegnern. Durch seine Kraft fühlt er sich dem Großteil seines Umfelds überlegen, und sein Respekt gilt nur Personen, die ebenfalls zum Hetzen und Überwinden in der Lage sind (wie Charlie), während der Rest mehr und mehr zu Hintergrundrauschen herabsinkt. (Er folgte einem eigenem Totem: Schattenfalke, eine erwachte Raubvogelart.)
Gizmo besitzt entsprechend ein starkes Bewusstsein für seine Kräfte als Freier Geist, aber nur ein eingeschränktes Empathievermögen. Er weiß um die fehlende Nestwärme seines früheren Heims und fand nie so recht seinen Platz und seine Aufgabe in der Welt (was auch durch den Umstand verstärkt wurde, dass sein "Vater" ihn ehe klare Intention und vorwiegend als Prestigeprojekt erschuf). Er genießt die Gegenwart der jugendlichen Tracy mit ihrer ähnlichen Bindungsunfähigkeit als verwandte Seele. Gizmo bringt seinem "Vater" tiefe, aber ambivalente Gefühle entgegen, während Caitlin für ihn bloß eine ferne, eher negative Erinnerung bildet. (Gizmo besitzt drei Gestalten: eine als Sternenleere mit zwei hellen Sternen am Ort der Augen, eine als großer schwarzer Vogel und eine als jüngere Version von Ardus, doch mit einem langen schwarzen Mantel und hinter den Ohren hervorsprießenden Federn.)
Was Ardus angeht - und um in die Kommentarstimme zurückzukommen: Das Gefühl von Ohnmacht und Scham darüber, doch in den letzten zwei Jahrzehnten seines Lebens für jene dunkle Macht gearbeitet zu haben, die ihn einst angewidert aus der Heimat trieb, bestimmt immer noch sein Leben und sorgt dafür, dass er sich nicht bei Caitlin zu melden traut. Die sich ausbreitende vertraute Nähe zwischen Caitlin und Chaser wirkt da förmlich als Gegenentwurf zu ihm und Tracy, die zusammen leben, aber nicht miteinander. Er hängt immer noch vorwiegend im Halbdunkel seinen Gedanken nach und lernte noch nicht wieder, sich zu öffnen.
(Und: In den frühesten Versionen war heute sein Geburtstag, deshalb schob ich es hinaus.)